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"Abenteuer": Außenministerin Erato Kozakou-Marcoullis.

Foto: APA/EPA/Puromies

Die syrische Armee hat wieder mehr Munition, um auf Demonstranten und bewaffnete Aufständische zu schießen. Genauer gesagt: 59,42 Tonnen. So viel hat die Chariot vergangene Woche in der syrischen Hafenstadt Tartus abgeladen. Dabei hatte zumindest ein EU-Land die Möglichkeit, die Lieferung zu stoppen und das Waffenembargo der Europäer gegen das Regime von Bashar al-Assad durchzusetzen: Zypern.

Die zypriotische Außenministerin Erato Kozakou-Marcoullis nennt die Fahrt der Chariot ein "Abenteuer", die Opposition hält das Vorgehen der Regierung für "amateurhaft". Die Chariot war in schwere See geraten und hatte ungeplant Limassol auf Zypern angesteuert, um Treibstoff aufzutanken. Als die Hafenpolizei an Bord ging, fand sie vier Container von Rosoboronexport, einem staatlichen russischen Rüstungslieferanten. Laut Papieren war die Munition für Syrien bestimmt. 24 Stunden später legte der Frachter, der aus St. Petersburg gekommen war, schon wieder ab. Kapitän und Schiffseigner hatten die Behörden auf der Insel angeflunkert.

"90 Prozent der Zeit ihrer ganzen Reise haben sie Iskenderum als Ziel angegeben", verteidigt sich Außenministerin Marcoullis in einem Gespräch mit dem Standard in Nikosia. "Unsere Rechtsabteilung erklärte, es handele sich nicht um eine Verletzung von EU-Regeln, weil die Lieferung nicht aus Zypern oder einem anderen EU-Staat stamme." Trotz dieser Einschätzung habe die Regierung von dem Schiffseigner eine schriftliche Versicherung verlangt und bekommen, dass die Chariot ins türkische Iskenderum fährt. Tat sie auch - nur auf dem Umweg über Tarsus. Und kaum war der Frachter um die Nordspitze der Insel gebogen, schaltete der Kapitän das Leitsystem ab. Die Chariot verschwand vom Radar.

Es gab wohl auch einen politischen Grund, um den Frachter mit der Munition aus Russland ziehen zu lassen: Die russische Regierung hat dem finanziell angeschlagenen Zypern im Dezember einen Kredit über 2,5 Milliarden Euro gegeben. (Markus Bernath aus Nikosia/DER STANDARD, Printausgabe, 21.1.2012)