New York - Eine breite Mehrheit fordert eine UNO-Resolution zu Syrien - doch ein Land kann sie verhindern. Die Sondersitzung des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen hat am Dienstag die Fronten in dem Konflikt noch einmal deutlich gemacht. Während Europäer, Amerikaner und vor allem die Araber Taten vom mächtigsten UNO-Gremium forderten, ist Russland weiter dagegen. Als eines der fünf ständigen Mitglieder kann es jede noch so große Mehrheit des Sicherheitsrats mit seinem Veto verhindern.

Die Vereinten Nationen dürften sich nicht in einen "internen" Konflikt einmischen, sagte der russische UNO-Botschafter Witali Tschurkin in New York. Es gebe "wahrscheinlich eine letzte Chance, die Spirale der Gewalt zu durchbrechen", allerdings habe der Sicherheitsrat nicht das Mandat dazu, die "Parameter für eine interne Beilegung" des Konflikts zu bestimmen.

Hilferuf

Der Auftritt der Arabischen Liga glich hingegen einem Hilferuf an die Vereinten Nationen. "Das Töten in Syrien hat unglaubliche Ausmaße angenommen. Die Tötungsmaschine arbeitet ununterbrochen", sagte der Syrien-Beauftragte der Liga, Katars Regierungschef Scheich Hamad bin Jasim al-Thani. Unter den Todesopfern seien sogar hunderte Kinder. "Ich glaube, dass nicht eines dieser Kinder ein Mitglied einer bewaffneten terroristischen Gruppe war." Die Menschen hofften nun auf die UNO: "Das Schicksal des syrischen Volkes liegt in Ihrer Hand!"

Seit Freitag liegt dem Sicherheitsrat der dritte Versuch einer Resolution zur Syrien-Krise vor. Die ersten beiden Versuche der EU-Länder im Rat waren am Widerstand Chinas und vor allem Russlands gescheitert, die jede Kritik an ihrem Waffenkunden Syrien ablehnen. Der jetzige Entwurf geht allerdings auf einen Plan zurück, den die Arabische Liga eine gute Woche zuvor einmütig verabschiedet hatte. Er fordert ein sofortiges Ende der Gewalt und demokratische Reformen bis hin zum Machtverzicht von Präsident Bashar al-Assad zugunsten eines Stellvertreters.

"Dialog statt Sanktionen"

Russland lehnt jedoch jedes Eingreifen ab. "Mit der Russischen Föderationen wird es keine Sanktionen und keine Intervention in Syrien geben", sagte Russlands UNO-Botschafter Tschurkin. "Sanktionen sind nicht das geeignete Mittel, das kann nur der Dialog sein." Er lud Vertreter des Regimes und der Opposition zusammen mit denen der Arabischen Liga zu direkten Gesprächen nach Moskau ein. "Der Sicherheitsrat kann in dem Konflikt eine konstruktive Rolle spielen. Aber er sollte das Gebot der Nichteinmischung beachten."

"Es ist nun Zeit für die internationale Gemeinschaft, ihre Differenzen beizulegen und eine klare Botschaft der Unterstützung für das syrische Volk zu schicken", sagte US-Außenministerin Hillary Clinton. "Wir haben jetzt die Wahl: Stehen wir an der Seite des syrischen Volkes oder machen wir uns mitschuldig an weiterer Gewalt?"

Syrien: "Internationale Verschwörung"

Der syrische UNO-Botschafter Bashar Jaafari lehnte hingegen jede Zusammenarbeit ab und sprach von einer internationalen Verschwörung gegen sein Land. "Syrien wird nie akzeptieren, dass seine Souveränität angetastet wird", sagte er. Er warf "ausländischen Kräften" vor, das Land destabilisieren zu wollen. Der Arabischen Liga warf er vor, nicht für die einzustehen, die sie zu vertreten vorgeben würde: "Sie hat ihre Entscheidungen dem UNO-Sicherheitsrat übertragen. Dem Rat, der hunderte Male gegen Araber entschieden hat!"

Frankreichs Außenminister Alain Juppé sprach von einer Pflicht des Sicherheitsrats, tätig zu werden, weil die Krise direkte Auswirkungen auf Frieden und Stabilität in einer ganzen Region habe. "Wir sind es aber vor allem den Menschen schuldig, die jeden Tag für ihr Recht eintreten, im Wissen, dass sie jederzeit erschossen werden könnten." Sein britischer Amtskollege William Hague betonte, dass es nicht um ein militärisches Eingreifen gehe, wie es Russland immer wieder behaupte. "Es waren die arabischen Länder, die uns um Hilfe baten. Eine militärische Intervention aber will niemand und sie ist auch gar nicht möglich."

Juppé sieht trotz des anhaltenden Widerstands Russlands doch noch Chancen auf eine gemeinsame Haltung des Sicherheitsrats zu Syrien. Es sei "nicht völlig unmöglich", dass sich die festgefahrenen Standpunkte in den nächsten Tagen annäherten, sagte Juppé am Dienstag.

Der russische UNO-Botschafter habe signalisiert, dass es in dem zuletzt diskutierten Resolutionsentwurf "interessante Elemente" gebe und Russland bereit sei, darüber zu sprechen. Für die nächsten Tagen gelte es deshalb, den Widerstand Moskaus auszuräumen. (APA)