Potsdam - Einzelne Extremwetterlagen können als Zufallsereignisse gewertet werden - ähnlich einem Würfelwurf. Wenn sie sich jedoch häufen und tendenziell in die selbe Richtung gehen, dürfte der Würfel gezinkt sein: So fasst Dim Coumou die Ergebnisse einer aktuellen Klimastudie zusammen, wie das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung berichtet. "Eine Sechs kann es auch so ab und zu mal geben, und man weiß nie, wann das passiert. Aber jetzt gibt es viel öfter die Sechs. Weil wir den Würfel verändert haben."

"Frage von Wahrscheinlichkeiten"

Allein 2011 gab es in den USA 14 Wetterextreme, von denen jedes Kosten in Höhe von mehr als einer Milliarde Dollar verursachte - in mehreren Bundesstaaten waren die Monate Jänner bis Oktober die nassesten, die dort jemals gemessen wurden. Aber auch in Japan gab es Rekord-Regenfälle, und im Becken des chinesischen Jangtse-Flusses Rekord-Trockenheit. Ähnlich in den Jahren zuvor: 2010 erlebte Westrussland den heißesten Sommer seit Jahrhunderten, und Pakistan und Australien Spitzenwerte bei den Niederschlägen. 2003 war in Europa der heißeste Sommer seit mindestens einem halben Jahrtausend. Und 2002 fiel auf die Wetterstation von Zinnwald-Georgenfeld im Erzgebirge an einem Tag mehr Regen als in Deutschland je zuvor gemessen wurde - hierauf folgte die Jahrhundertflut der Elbe.

"Die Frage ist, ob diese Wetterextreme Zufall oder eine Folge des Klimawandels sind", sagt Coumou, Hauptautor der in "Nature Climate Change" veröffentlichten Studie. "Im Einzelfall lässt sich die Erderwärmung als Ursache meist nicht dingfest machen - in der Summe aber wird der Zusammenhang mit dem Klimawandel deutlich. Das Ganze ist keine Frage von Ja oder Nein, sondern eine Frage von Wahrscheinlichkeiten." Die Häufung von Wetterrekorden, sagt Coumou, sei nicht mehr normal.

Die Faktoren der Berechnung

Die Forscher stützen ihre Analyse auf drei Pfeiler: elementare Physik, statistische Analyse und Computersimulationen. Bereits grundlegende physikalische Prinzipien legen nahe, dass die Erwärmung der Atmosphäre zu mehr Extremen führt. So kann warme Luft mehr Feuchtigkeit halten, bis diese plötzlich abregnet. Zweitens ließen sich statistisch in den Temperatur- und Niederschlagsdaten klare Trends finden, wie die Forscher erklären. Und drittens bestätigen auch detaillierte Computersimulationen den Zusammenhang zwischen Erwärmung und Rekorden bei Temperatur und Niederschlag.

Tropenstürme sollten bei wärmeren Wassertemperaturen zwar stärker werden, aber nicht häufiger, so der Stand des Wissens. Im abgelaufenen Jahrzehnt sind mehrere Rekordstürme aufgetreten, beispielsweise Hurrikan Wilma 2004. Allerdings sind die Zusammenhänge komplex und teils noch nicht entschlüsselt. Die beobachtete starke Zunahme der Intensität von Tropenstürmen im Nordatlantik 1980 bis 2005 etwa könnte neben der globalen Erwärmung auch eine Abkühlung der obersten Luftschichten als Ursache haben. Zudem sind die historischen Daten teilweise nicht genau genug.

Kälte-Extreme nehmen mit der globalen Erwärmung insgesamt ab, fanden die Forscher. Allerdings gleiche dies nicht die Zunahme der anderen Extreme aus. (red, derStandard.at, 28.3.2012)