Die anfängliche Konfiguration von ownCloud am eigenen Server ist in wenigen Klick erledigt.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Zentraler Bestandteil von ownCloud ist der Dateimanager, der auch das gezielte Teilen von Dateien mit anderen NutzerInnen erlaubt.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Einige Dateitypen können direkt im Web betrachtet werden, etwa PDFs.

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Die Bilderansicht von ownCloud.

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Der Kalender erlaubt das Anlegen von einmaligen und regelmäßigen Terminen.

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Das Adressbuch ermöglicht den Import von VCF-Dateien, womit bestehende Datensätze rasch übernommen werden können.

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Im Administrationsbereich finden sich diverse Einstellungen für die eigene ownCloud-Installation.

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Der Mac-Client für ownCloud kümmert sich um den Abgleich beliebiger Verzeichnisse. Das Tool gibt es auch für Windows und Linux.

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Die Android-App ist derzeit noch recht beschränkt in ihren Möglichkeiten.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Auch wenn es viele der derzeit populärsten Online-Speicherangebote eigentlich schon seit Jahren gibt, ist doch unübersehbar, dass sich aktuell ein regelrechter Boom rund um das Thema entwickelt hat. Mit Apple und Google sind im letzten Jahr zwei große Anbieter frisch in diesen Markt eingestiegen, auch bei Microsoft hat man die Bemühungen rund um die eigenen Lösungen deutlich intensiviert. Und bei den Smartphone-Herstellern scheint derzeit ein Wettstreit darüber entbrannt zu sein, wer mehr kostenlosen "Cloud"-Speicher mit seinen Geräten anbietet.

Verlockend

Eigentlich kann der "Run" auf solche Angebote auch nicht weiter verwundern, immerhin bieten sie durchaus verlockende Möglichkeiten. Sei es der automatisch Abgleich von Daten zwischen mehreren Rechnern und mobilen Geräten oder auch die Möglichkeit die eigenen Dokumente über den Browser von überall zu erreichen - und gemeinsam mit anderen zu bearbeiten. Alles durchaus interessante Funktionen, noch dazu in vielen Fällen zu einem unschlagbaren Preispunkt: Und zwar "kostenlos".

Problematik

Doch all das hat natürlich auch seine Schattenseiten, und diese sind hier vor allem in den Bereichen Privatsphäre und Sicherheit zu suchen: Längst nicht allen gefällt es, die eigenen Daten in die Hände von Dritten zu legen, genau dies tut man aber bei gemeinhin bei solchen Services. Dieses Unbehagen wird noch dadurch verstärkt, dass sich die Anbieter über ihre Nutzungsbedingungen oft umfangreiche Rechte zusichern lassen. Zwar sind diese meist für den Betrieb (bzw. die Nutzung einzelner fortgeschrittener Fähigkeiten) notwendig oder durch die rechtlich komplizierte Rechtslage, die ein internationale Cloud-Service mit sich bringt, bedingt, trotzdem bleibt doch immer ein gewisser negativer Beigeschmack. Die bohrende Frage, wer jetzt eigentlich genau Zugriff auf die eigenen Daten hat. Gerade für Unternehmen ist dies eine sehr reale Problematik, wer will denn schon interne Dokumente anderen Firmen vertrauensvoll in die Hände legen.

Hosting

Freilich gibt es hier einen einfachen Ausweg, der in den letzten Jahren schon beinahe etwas in Vergessenheit geraten zu sein scheint: Nämlich eigene Server für solche Dienste zu betreiben, über die man dann auch die volle Kontrolle hat. Das geht natürlich realistisch nur, wenn man dafür die notwendige Software hat, die mit Dropbox, Google Drive und Co. konkurrieren kann - und genau diese Lücke versucht ownCloud zu füllen.

Hintergrund

Ursprünglich aus dem Umfeld des Linux-Desktops KDE mit dem Ziel, eine Alternative zu kommerziellen Cloud-Angeboten zu schaffen, entstanden, hat sich das Projekt in den letzten Monaten ordentlich gemausert. Treibende Kraft ist dabei ein neu gegründetes Unternehmen, das vor allem aus ehemaligen Mitarbeiten der Linux-Distribution SUSE besteht, und in Zusammenarbeit mit der Community die Entwicklung rasch vorantreibt. Womit indirekt auch schon eines der zentralen Merkmale von ownCloud geklärt wäre: Die Software ist Open Source, steht unter der extra für Web-Services geschaffenen AGPL.

ownCloud ist vornehmlich in PHP und Javascript geschrieben, als Datenbank-Backend kann zwischen PostgreSQL, MySQL oder Sqlite gewählt werden. Entsprechend sind die Voraussetzung für den Betrieb von ownCloud relativ generisch, auf einer x-beliebigen Linux-Distribution ist das Service also relativ einfach aufzusetzen. Derzeit ist die Version 4.0 der Software aktuell, diese kann kostenlos von der Seite des Projekts heruntergeladen werden.

Installation

Einmal eingerichtet, bietet sich den NutzerInnen zunächst einmal das, was man auch von anderen Angeboten aus diesem Bereich kennt: Im Browser wird eine Art Dateimanager angeboten, mit dem Daten hoch- und heruntergeladen, umbenannt oder organisiert werden können. Der Upload kann dabei übrigens direkt per Drag & Drop vom Desktop aus vorgenommen werden. Die Übertragung der Daten erfolgt SSL-verschlüsselt - so man denn den eigenen Server dafür konfiguriert hat. Eine etwas mühsame Beschränkung von ownCloud ist derzeit allerdings, dass sich - über den Web-Client - keine gesamten Verzeichnisse auf einmal hochladen lassen.

Neben dem simplen Management unterstützt die Software die Anzeige diverser Dateitypen, neben Bildern können also auch PDFs und Dokument im OpenDocument-Format direkt online betrachtet werden. Auch das Durchstöbern von Archiv-Paketen - also etwa ZIP-Dateien - geht problemlos. Ein wichtiger Vorteil solcher Online-Services ist die einfach Kollaboration mit anderen, hier will ownCloud natürlich auch nicht zurückstehen, insofern können Dateien und Verzeichnisse gezielt mit anderen geteilt werden. Ebenfalls erfeulich ist, dass es mittlerweile ein Versionsmanagement gibt, also auf Wunsch ältere Stände einer Datei wiederhergestellt werden können.

Musik und Bilder

Zusätzlich zur Dateidarstellung gibt es bei ownCloud zwei Spezialansichten: Da wäre einmal jene für Musik, die alle im eigenen Online-Speicher abgelagerten Songs automatisch zusammenfasst, und auch gleich deren Wiedergabe im Web-Client ermöglicht. Das funktioniert prinzipiell recht gut, beim Wechsel auf einen anderen Bereich der ownCloud sind allerdings kleine Aussetzer festzustellen. Rein optisch ist der Musik-Player derzeit noch recht spartanisch gehalten, automatisch besorgte Cover Art sucht man etwa vergeblich.

Analog dazu werden auch Bilder in einer eigenen Ansicht aufbereitet, in diesem Fall optisch ansprechend über Thumbnails repräsentiert. Positiv fällt auf, dass für diese Darstellung auch Archiv-Dateien durchforstet und als eigenes Bildverzeichnis dargestellt werden. Etwas umständlich sind hier hingegen die Sharing-Funktionen umgesetzt.

Kalender und Kontakte

Ebenfalls zum Kernangebot von ownCloud gehört ein Kalender, der zumindest die diesbezüglichen Grundbedürfnisse gut abdeckt. Events können angelegt sowie per Drag & Drop verschoben werden, sowohl einmalige als auch regelmäßige Termine sind möglich. Es stehen derzeit drei Ansichten zur Wahl, und zwar "Woche", "Monat" und "Liste". Sowohl einzelne Events als auch ganze Kalender können per iCal oder Caldav mit anderen geteilt werden.

Und dann gibt es natürlich noch ein simpel gehaltenes Adressbuch, bereits bestehend Kontaktlisten können hier per VCF-Dateien importiert werden (diese lassen sich bei vielen Mail-Clients aber etwa auch bei GMail exportieren). Dies funktionierte im Test auch tatsächlich tadellos. Und wenn wir schon beim Thema sind: Einen eigenen Mail-Client gibt es bei ownCloud derzeit nicht, das bieten aber auch selbst die proprietären Anbieter in diesem Bereich nur selten.

Desktop-Clients

Neben dem Web-Interface gibt es für ownCloud Desktop-Clients für Windows, Linux und Mac. Diese kümmern sich um den automatischen Abgleich der Daten zwischen lokalem Rechner und Online-Speicher. Das funktioniert im Kern so wie es auch von Dropbox und Co. her bekannt ist, es wird also ein Hintergrundservice gestartet, der sich im Benachrichtigungsbereich des jeweiligen Desktops einnistet. Ein Plus: Die NutzerInnen können bei ownCloud gezielt festlegen, welchen lokalen Folder sie mit welchem Online-Verzeichnis abgleichen wollen. Der Client selbst ist noch relativ "jung" und das sieht man ihm auch an. Die Funktionalität ist also derzeit noch auf die Kernaufgaben beschränkt.

Mobile Clients

Das lässt sich auch über die Android-App sagen, die auf der Seite des Projekts zum Download steht (spätere Versionen sollen dann über den Google Play Store vertrieben werden). Das Gebotene beschränkt sich bislang auf den simplen Up- und Download von Dateien, Sharing-Funktionen sucht man hingegen noch vergebens. In Planung ist zudem eine iOS-App, die in Kürze folgen soll. Bis es soweit ist, lassen sich zumindest Kalender und Adressbuch schon mal per CalDAV und CardDAV ansprechen.

Apps

Doch zurück zum Web-Client, denn auch auch hier taucht der Begriff "Apps" an prominenter Stelle auf - allerdings unter etwas anderen Vorzeichen. Über einen eigenen Punkt bei den Einstellungen werden diverse ownCloud-"Apps" - früher hätte man wohl von "Plugins" gesprochen - angeboten, die die Funktionalität des Services erweitern. Die Auswahl ist derzeit noch recht überschaubar, einige spannende Sachen sind aber schon mit dabei. So gibt es Apps um alle Daten online verschlüsselt abzuspeichern, ein Task-Listen-Bereich lässt sich ebenso nachrüsten wie ein SVG- oder ein Bookmark-Editor. Verwegene können sogar eine App aktivieren, die dafür sorgt, dass alle hochgeladenen Videos in das Flash-Format umgewandelt werden, um sie direkt im Browser betrachten zu können. Ein Teil der Mini-Programme zielt primär auf AdminstratorInnen ab, dazu zählen beispielsweise Analyse-Tools zum Speicherplatzverbrauch oder zum Durchstöbern der Datenbank, wer will kann auch den Login per OpenID ermöglichen.

Administration

An sich ist der Administrationsbereich von ownCloud relativ einfach gehalten, das Wichtigste wird aber abgedeckt. Es können Gruppen angelegt, Quotas und Upload-Beschränkungen definiert sowie vollständige Backups erlaubt oder verboten werden. Auch das Sharen von Dateien oder das Versionsmanagement lassen sich auf Wunsch deaktivieren. Eine kleine Anmerkung noch: In Fragen UserInnen-Verwaltung kann ownCloud auch auf LDAP oder Active Directory zurückgreifen.

Konzept

Bleibt die Frage: Wenn all das kostenlos zur Verfügung steht, womit verdient das dahinter stehende Unternehmen eigentlich sein Geld? Natürlich mit kommerziellen Versionen, deren Verlockung vor allem im Support zu suchen sind. Darüber hinaus ist es möglich ownCloud unter einer Dual-Lizenz zu beziehen, was proprietäre Erweiterungen des Codes erlaubt. Zielgruppe sind hier Hosting-Anbieter, die ownCloud für ihren Service nutzen wollen, sich aber vom Mitbewerb irgendwie unterscheiden wollen. Mittlerweile gibt es auch bereits einige Anbieter, die ownCloud-Instanzen auf ihren Systemen anbieten, Beispiele hierfür wären getfreecloud.com oder owncube.com. (die Vorteile des eigenen Server-Betriebs entfallen bei solchen Angeboten natürlich zum Teil, Anm.).

Fazit

Auch wenn ownCloud derzeit der frühe Entwicklungsstand noch an vielen Ecken anzumerken ist, ist es schon jetzt eine durchaus interessante Alternative zu fix-fertigen Angeboten - nicht zuletzt wenn man die eigenen Daten auch wirklich selbst unter Kontrolle haben will. Die Voraussetzung dafür ist natürlich, einen eigenen Server administrieren zu können (bzw. jemanden zu kennen, der diese Arbeit erledigt). Diese Hürde kann man zwar mit gehosteten ownCloud-Instanzen umschifft werden, ein Teil der Vorteile fällt so aber natürlich weg.

Wichtig ist ownCloud aber noch aus einem anderen Blickwinkel: Während ein Großteil der aktuellen Internet-Infrastruktur längst aus freier Software besteht, gilt dies für die darauf laufenden Services immer seltener. So ist etwa keiner der bekannten Online-Speicher im Quellcode verfügbar. ownCloud hingegen erfüllt diesen Punkt, und könnte so im besten Fall durchaus eine Vorbildfunktion entfachen. (Andreas Proschofsky, derStandard.at 10.06.12)