Nur Michelangelos David ist noch mehr fotografiert worden: Über 540 Journalisten und 39 Kamerateams aus 63 Ländern verfolgten live die "Inthronisation" von David Beckham bei Real Madrid. 8000 Trikots mit der Nr. 23 wurden allein in den ersten sieben Stunden verkauft. Er ist nicht der teuerste Fußballer (Nr. 13), wohl aber der wertvollste: Sein Marktwert wird auf rund 300 Mio. Euro geschätzt - dank Werbeeinnahmen von jährlich über 20 Mio. Euro durch Vodafone ("Beck's Phone"), Marks & Spencer, Adidas, Pepsi und Castrol.

Mit dem marmornen David hat er das gemeinsam, was ihn zu einer immens erfolgreichen Markenfirma macht: Frauen wie Männer, Amerikaner wie Asiaten und Europäer, Kinder wie Schwiegermütter über alle Milieus hinweg lieben den hübschen jungen Mann mit dem schüchternen Lächeln - und kaufen ihm alles ab. Wie kein Zweiter verkörpert er den neuen Typ des "Metrosexual" - ein Macho mit einer starken Prise weiblicher Verhaltensweisen - knallhart und leistungsstark im Wettbewerb, gleichzeitig bekennender Pantoffelheld, Familienvater und D&G-Beau, Schlossbewohner und Working-Class-Hero.

Neu ist Beckhams Stil - nicht neu, aber die Sehnsucht nach Celebrities und ihr verstärkter Einsatz als Markenpromotoren. Das Vermarkten von Stars ist daher eine große Wachstumsbranche: Je schwächer die Wirtschaftslage und sinnentleerter die Menschen, desto stärker ihre Flucht in das Leben ihrer prominenten Lieblinge: Bunte, Gala, Hello! und Paris Match danken. Je unbekannter oder undifferenzierter die Marke, desto wirksamer die übertragene Aura des Stars. Verona Feldbuschs "Blubb" hilft genau so wie Heidi Klums Joghurt-Gum-Spot: um 35 Prozent schnellte der Absatz von Katjes in die Höhe.

Was macht Persönlichkeiten zu Marken und Marken zu Persönlichkeiten?

Erstens: Leistung als Substanz. Ob Beckham oder Tiger Woods, Madonna oder Oprah Winfrey: Überdurchschnittliche Leistung ist die Quelle ihrer Bekanntheit und Wertschätzung. Ohne diese Substanz ist der Effekt bestenfalls kurzfristig.

Zweitens: Emotionale Bindungskraft. Beckham kann "nicht mit dem linken Fuß schießen, er kann nicht dribbeln, ist schlecht beim Kopfball und ist zweikampfschwach", lästert Englands Fußballschönling George Best, "aber sonst ist er okay". Denn er bereitet meist vor, was andere im gegnerischen Tor unterbringen. So ist er zwar nicht der Beste, aber der Beliebteste - weil Menschlichste. Damit erobert er die Herzen der Fans.

Drittens: Soziale Orientierungsfähigkeit. Markenprodukte sind Orientierungshilfen - so auch Markenpersönlichkeiten. David Beckham verkörpert ein Menschenbild, das scheinbar Unvereinbares verbindet, damit aber für alle etwas hergibt. Was die Orientierung erleichtert, schafft messbaren Mehrwert.

Viertens: Stimmigkeit schafft Glaubwürdigkeit. Bekenntnisse und Handeln passen zusammen. Die mit Beckham assoziierten Erwartungen - guter Kapitän und guter Vater - werden in der Wahrnehmung verlässlich eingelöst, wie die mit einem Produkt verknüpften Leistungsversprechen.

Das Phänomen Beckham zeigt, dass erst und nur die Verbindung von Leistung und Emotion mit individuellem Profil der Schlüssel zum Erfolg ist. Das gilt für Produktmarken genauso wie für Persönlichkeitsmarken. "Das Echteste an jedem Menschen sind seine Fehler", soll Michelangelo gesagt haben - das Faszinierendste an einer Persönlichkeit und Marke ist: ihre Menschlichkeit.

Nachlese

->Jazz statt Symphonie
->Erfolg=Wissen mal Fähigkeiten
->Wozu braucht man Berater?
->Veränderungs-Dilemma
->Ein Plädoyer für Strategie
->Wenn Manager autistisch werden
->Sag mir, wo die Frauen sind ...
->Ich google - Sie auch?
->Die Demokratisierung des Luxus
->Abschied von der AG?
->Die Geheimnisse des Phoenix
->Siegen à la Alinghi
->Anleitung zum Glücklichsein
->Die Suche nach dem Mehr
->Lust auf Leistung
->Eine doppelte Melange
->Sei willkommen Krise?
->"Denk' ich an Deutschland..."
->Gegen die Endzeit-Stimmung