Eine moderne Form des Hexenbesens
Foto: APANEUMÜLLER Ferdinand

In den Walpurgisnächten kann es vorkommen, dass Feministinnen sich als Hexen verkleiden und mit Strohbesen "bewaffnet" durch die Straßen ziehen oder im Frauenkreis sich der uralten Tradition des Frühlingsfestes besinnen. Der Mythos sagt, dass in der Nacht vom 30. April auf den 1. Mai die Hexen zu einem geheimen Treffen auf den Blocksberg flogen und mit ihren magischen Kräften den Jahreszeitenkreis feierten. Dabei tanzten - so hieß es - "zügellose wilde Weiber" um das Walpurgisfeuer, die Besen zwischen die nackten Schenkel geklemmt.

Besen bei Hochzeits- und Geburtsritualen

Spätestens seit der Epoche der alten RömerInnen besteht die Assoziation des Besens mit weiblicher Magie und Zauberinnentum. Es wird angenommen, dass diese Symbolik von einem Brauch der - damals noch als weise geltenden - Hebammen stammt: Diese kehrten mit dafür vorgesehenen Besen nach der Geburt eines Kindes die Schwelle des Hauses, um negative Einflüsse von Mutter und Kind abzuhalten.

Eine andere Tradition des sakralen Aspekts des Besens führt zu Hochzeitszeremonien. Ursprünglich wurden Hochzeiten von Priesterinnen vollzogen. Bei den ZigeunerInnen beispielsweise hielt sich der Brauch der weiblichen Hochzeitsmeisterin länger als allgemein üblich. Hier waren es wieder Hebammen, welche die Trauung durchführten und dabei stellte der Sprung über einen Besen einen wesentlichen Teil des Ritus dar. Es wird vermutet, dass dieser Sprung die Zeugung darstellen sollte.

Fliegende Hexen

Als im Mittelalter Hexen auch "Besen-Amazonen" genannt wurden, bildeten die Begriffe Hebamme und Besen ein derart unverrückbares Assoziationspaar, das die vom Frauenvernichtungswahn paranoiden Herrschenden tatsächlich glauben ließ, weise Frauen könnten auf ihren Besen durch die Lüfte reiten. Ja, ihre magischen Stäbe würden sie zu den geheimen Sabbattreffen mit dem "Teufel" bringen. Aus dieser Vorstellung leitete sich auch die Angst ab, es sei ein Unglück, einen Besen über einen Wasserlauf tragen zu müssen. Der Grund dieses "Aberglaubens" lag wahrscheinlich "in der Angst vor dem Fluch einer Hexe, der drohte, wenn man ihr magisches Werkzeug genommen hatte, sie aber nicht folgen konnte". (Claudia de Lys)

Sexuelles Tabu

Der Besen als Reitwerkzeug der Hexen ist jedoch vor allem als sexuelles Symbol zu deuten. Barbara Walker verweist auf eine Art der tantrischen sexuellen Vereinigung als eine der Hauptanziehungspunkte der Hexenkulte. Denn auch die Planta genista (Besenginster) war den Hexen heilig. Die französische Form von genista ist genet, was auch Pferd bedeutet, laut Walker das "königliche Ross des Heidentums". Daraus folgert sie, dass der Ritt auf dem Besenstiel jene sexuelle Stellung bezeichnet, die von der Kirche als Perversion angesehen wurde: die Frau oben und der Mann unten als ihr "Pferd".

Vieles weist auch auf den Besenstiel als Symbol für den künstlichen Penis hin, der mit der berüchtigten Flugsalbe bestrichen, der genitalen Stimulation diente (C. L. Ewen). Diese Salbe enthielt Stoffe, die über die Schleimhäute aufgenommen, Symptome wie Kribbeln, Schwindel, Lethargie oder Illusionen hervorrufen konnten.

Und nachdem den Kirchenmännern und Inquisitoren Masturbation von Frauen das größte Gräuel war - "denn es gab nichts Schrecklicheres für ein patriarchales Hirn als die Vorstellung, Frauen könnten ohne Männer sexuelle Freuden erfahren", so Barbara Walker - kamen sie zu dem Schluss, diese sexuell und auf allen Ebenen unabhängigen Frauen seien vom Teufel besessen. (dabu)