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Günther Oettinger ist Gewinner des "WOLO" 2015.

Foto: APA

Seit 2009 wird in Österreich der "Wolfgang Lorenz-Gedenkpreis für internetfreie Minuten" vergeben. Die als Kritik gedachte Auszeichnung fußt auf einer Aussage des ehemaligen ORF-Programmdirektors, der im Jahr zuvor gegen das neue Medium gewettert hatte.

Auch sechs Jahre später war das Feld der nominierten Kandidaten dicht besetzt. Das Rennen um die Auszeichnung machte schließlich Günther Oettinger, seines Zeichens Digitalkommissar der Europäischen Union.

"Neuland"

Oettinger hatte vergangenes Jahr die Verbreitung von Promi-Nacktfotos nach den Hacks zahlreicher iCloud-Konten damit kommentiert, dass man keinen Schutz erwarten könnte, wenn man "so blöd" sei, von sich selbst Nacktfotos zu machen und ins Netz zu stellen. Die Aussage brauchte ihm Kritik wegen technischen Unverständnisses und Beschuldigung der Opfer ein.

Datenschutz und IT-Sicherheit bezeichnete Oettinger außerdem als "Neuland" und prägte damit ein bis heute gebräuchliches Wort für unbedarften Umgang mit und problematische Kommentare über das Internet und andere moderne Technologien durch Verantwortungsträger.

Dichtes Kandidatenfeld

Starke Konkurrenz hatte Oettinger unter anderem mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. Diesem sind vor allem soziale Netzwerke schon länger ein Dorn im Auge. In der Türkei sind Plattformen wie Twitter oder Youtube in der Vergangenheit bereits temporär gesperrt worden. Kritiker bemängeln außerdem eine zunehmende Einschränkung von Presse- und Meinungsfreiheit in dem Land.

Ebenso auf der Nominierungsliste standen im Kollektiv jene Menschen, die gegen Flüchtlinge hetzen, weil diese Smartphones besitzen, der Verlag Rommerskirchen für den Versuch, sich den Titel "Blogosphäre" schützen zu lassen, und auch die Agentur Modern Mind Marketing für das Anbieten von Jubelpostings in Foren und Kommentarbereichen als bezahlte Dienstleistung.

Publikumspreis für Festplattenabgabe

Auch das Publikum durfte heuer eine eigene Auszeichnung vergeben. Diese erhielten Staatssekretär Josef Ostermayer (SPÖ) und Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP). Sie boxten trotz Protest letztlich die sogenannte "Festplattenabgabe" durch. Sie gilt ab 1. Oktober und verteuert Datenträger wie Festplatten oder USB-Sticks sowie Geräte, welche entsprechende Speichermedien enthalten.

Der Wolfgang-Lorenz-Gedenkpreis wurde von der Künstlergruppe Monochrom initiiert. Die Vergabe erfolgte durch eine Jury, die heuer durch Lena Doppel, Michael Eisenriegler, Jana Herwig, Barbara Wimmer und WebStandard-Journalist Fabian Schmid besetzt war. (gpi, 13.09.2015)