Bis heute rätselhaft: Grottenolme in den Höhlen von Postonja.

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Wien – Sie zählen nach wie vor zu den rätselhafteren Tieren des Planeten: Grottenolme, die in den Höhlen des dinarischen Karstgebirges leben, sind nur schwer in ihrer natürlichen Umgebung zu Gesicht zu bekommen. Wegen ihrer roten Kiemenbüschel hielt man die aalähnlichen Amphibien früher für Drachenbabys; aufgrund ihrer fleischrosa Färbung werden sie im Kroatischen čovječja ribica genannt, was so viel wie "Menschenfischlein" bedeutet.

Heute weiß man immerhin, dass die Amphibien etwa so alt wie Menschen werden können; anders als Menschen kommen sie monatelang, vermutlich jahrelang ohne Futter aus und werden unter natürlichen Umständen erst mit rund zehn Jahren geschlechtsreif.

Zwei frisch geschlüpfte Grottenolme

Eine der wenigen "öffentlichen" Grottenolm-Populationen lebt in den slowenischen Höhlen von Postojna, die auch für ihre Tropfsteine weltberühmt ist. Dort beobachtete man vor wenigen Tagen erstmals das Schlüpfen von zwei Grottenolm-Larven aus Eiern, wie die Leitung der Schauhöhlen medienwirksam bekannt gab. Bereits im Jänner hatte man die Eier in einem der Aquarien entdeckt.

The Red Phoenix

Das Beobachten des Schlüpfens mag zwar eine Premiere gewesen sein. Doch bereits vor über hundert Jahren hat man im Wiener Prater bereits sehr viel mehr über die Tiere in Erfahrung gebracht: Der Biologe Paul Kammerer registrierte bis 1907 das Schlüpfen von insgesamt 23 Jungtieren in der Zisterne der Biologischen Versuchsanstalt, wo ab 1903 in einem Wasserbecken Grottenolme gehalten und gezüchtet wurden.

Grottenolme mit Augen

Der Biologe fand damals unter anderem auch heraus, dass die Olme nicht nur Eier legen: Bei Temperaturen über 15 Grad Celsius sind sie lebendgebärend. Wenn sie hungern, dann schrumpfen sie. Und wahrscheinlich gelang es ihm sogar, einem Jungtier durch abwechselnde Bestrahlung mit Tageslicht und mit rotem Licht Augen zu züchten, was Oskar Kokoschka mit dem von Alma Mahler überlieferten Bonmot quittierte: "Und was sehen sie dann? ... Den Paul Kammerer!"

Dass es möglich sei, bei den Olmen Augen hervorzurufen, wurde seitdem stark angezweifelt. Eine Entdeckung vor 30 Jahren macht die Behauptung aber plausibler: 1986 stieß man in Südostslowenien auf eine einzelne oberirdisch lebende Population des Grottenolms, die schwarz gefärbt ist und entwickelte Augen besitzt. Unklar ist aber, ob diese dunklen Olme eine Reliktform der noch oberirdisch lebenden Stammform sind oder Rückadaptionen höhlenlebender Grottenolme in einen belichteten Lebensraum darstellen. (tasch, 8.6.2016)