19 Teilgewerbe, bei denen es jetzt schon einen erleichterten Zugang gibt, werden ganz freigegeben. Beispiele sind Änderungsschneiderei, Wäschebügler, Friedhofsgärtnerei und Fahrradtechnik.

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Wien – Auch der Ministerrat konnte nicht alle Fragen bei der geplanten Lockerung der Gewerbeordnung lösen. Obwohl Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) und Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) nach der Sitzung von einer guten Lösung sprachen: Viele Fragen einer Reform der aus dem Jahr 1859 stammenden Gewerbeordnung blieben am Mittwoch offen.

Klar ist nur, dass viele Erwartungen nicht erfüllt werden. So wird man künftig auch für die 440 freien Gewerbe eine Anmeldung benötigen und daher zur Begleichung der Kammergrundumlage gezwungen sein. Und bei den 80 reglementierten Gewerben, für deren Ausübung eine Meisterprüfung oder ein anderer Befähigungsnachweis erforderlich ist, dürfte es überhaupt keine Änderung geben.

Kern hofft weiter auf mehr Lockerung

Kern verhehlte nicht, dass die SPÖ für weitreichendere Schritte wäre, und hofft auf Verbesserungen im Rahmen der Begutachtung der Behandlung im Parlament. Er sprach von 28 Berufen, bei denen er sich eine Freigabe oder Lockerung wünschen würde. Mitterlehner begründete die Überschaubarkeit der Änderungen mit dem Kollektivvertrags- und Lehrsystem, die an der Gewerbezugehörigkeit hängen. Zudem verteidigte der ÖVP-Chef, dass man nicht über die Interessen der jeweiligen Berufsstände drüberfahre.

Der Vizekanzler betonte zudem, dass die Lockerung der Nebenrechte de facto zu einer starken Liberalisierung führe. Im reglementierten Bereich darf der Anteil der Arbeiten, für die keine Gewerbeberechtigung vorhanden ist, künftig 15 Prozent ausmachen. Bei freien Gewerben soll die Schwelle 30 Prozent betragen. Ein Beispiel: Ein Tischler führt auch Fliesenlegertätigkeiten aus, oder eine Baufirma übernimmt auch Asphaltierarbeiten. Durch diese Ausdehnung würden die Mehrfachmitgliedschaften bei Fachgruppen in der Kammer sinken, was auch den Druck zu Effizienzsteigerungen erhöhe, erklärte Mitterlehner.

19 Teilgewerbe gänzlich freigegeben

Außerdem werden 19 Teilgewerbe, bei denen es jetzt schon einen erleichterten Zugang gibt, ganz freigegeben. Beispiele sind Änderungsschneiderei, Wäschebügler, Friedhofsgärtnerei und Fahrradtechnik. Unklar blieb am Mittwoch, ob das Teilgewerbe Huf- und Klauenbeschlag zum 81. reglementierten Gewerbe wird.

Zudem verwies Mitterlehner auf zahlreiche Vereinfachungen. So wird die Gewerbeanmeldung künftig gratis sein. Überdies sind leichtere Betriebsanlagengenehmigungen vorgesehen. Inkludiert in die Bewilligungen sollen künftig bau- und naturschutzrechtliche Fragen werden. Überdies gibt es nun schnellere Genehmigungen bei Anlagen mit geringem Gefährdungspotenzial. (as, 2.11.2016)