Die Anzahl der Zeitungen geht in Österreich zurück.

Foto: APA/AFP/JOE KLAMAR

Der "Österreichische Journalismusreport" wurde am Montag veröffentlicht.

Foto: Medienhaus Wien

Österreichs Journalisten werden immer besser, sie haben es in ihrem Job aber deutlich schwieriger als noch vor einigen Jahren. Die Gründe sind der zunehmende Zeitdruck und die steigende Belastung in ihrer täglichen Arbeit, die aus den ökonomischen Zwängen resultieren, unter denen viele Medien leiden.

Gab es im Jahr 2006 noch 7067 fix angestellte Journalistinnen und Journalisten in Österreich, so sind es derzeit nur mehr 5346. Dazu kommen noch – je nach Definition – 600 bis 900 Freie. "Der Druck auf den Journalismus wächst einerseits", sagt Andy Kaltenbrunner vom Medienhaus Wien, "andererseits wächst auch die Professionalisierung." Kaltenbrunner hat gemeinsam mit einem Forscherteam Österreichs Medienlandschaft seziert und die Zahlen im Österreichischen Journalismusreport veröffentlicht. Sie basieren auf empirischen Erhebungen und repräsentativen Befragungen in der Branche.

Während die Redaktionen personell ausgedünnt werden, sprießen die Jobs in der Öffentlichkeitsarbeit und in den Kommunikationsabteilungen der Politiker. "Hier kommt es zu einer ziemlichen Schieflage und einer wesentlichen Verschiebung der Gewichte", konstatiert Kaltenbrunner.

Presseförderung reformieren

Was Kaltenbrunner vermisst, ist eine Medienpolitik, die eingreift und sich Qualitätskriterien verschreibt. Die Presseförderung in der jetzigen Form hält er für "nicht mehr zeitgemäß". Sie orientiere sich an Kriterien, die aus den 80er- oder 90er-Jahren stammen, sagt er im Gespräch mit dem STANDARD: "Weder erhöhen sich die Summen, noch ändert sich das Prinzip." Derzeit werden jährlich neun Millionen Euro an Printmedien ausgeschüttet. Im Gegenzug stehen Ausgaben von rund 200 Millionen pro Jahr für Regierungsinserate, deren Vergabe intransparent sei.

"Es existiert praktisch keine Förderung für Innovationen und digitalen Journalismus", kritisiert Kaltenbrunner. Er wünscht sich eine staatliche Anschubfinanzierung für digitale Projekte, wie das viele Länder im Norden, aber auch im Süden vorexerzieren.

Während etwa in skandinavischen Ländern heute 80 Prozent der Journalisten regelmäßig auch für digitale Medienkanäle arbeiten, trifft das in Österreich erst auf 40 Prozent zu. Die Presseförderung sollte nicht "Löcher stopfen, sondern Veränderungen unterstützen", sagt Kaltenbrunner. Auf ein genaues Fördervolumen möchte er sich nicht festlegen, nur so viel: "Bei der vorletzten Regierung war von 35 Millionen Euro jährlich die Rede. Diese Summe scheint mir plausibel."

Wenig Angebote für Junge

Das Durchschnittsalter in Österreichs Redaktionen liegt laut Journalismusreport bei 44,5 Jahren. Im Jahr 2006 waren es 40,2 Jahre. "Das ist ein großes Problem für die Branche und eine Selbstaufgabe der Zukunft", warnt Kaltenbrunner. Nur zehn Prozent der Mitarbeiter sind unter 30 Jahre alt: "Die Jungen erreicht man so weder thematisch noch kulturell."

grafik: STANDARD

Positiv sind für Kaltenbrunner vor allem zwei Aspekte: die Ausbildung und das Geschlechterverhältnis. Heute verfügt fast jeder zweite Journalist über einen Hochschulabschluss, 2006 waren es erst 34 Prozent.

47 Prozent der Medienmitarbeiter sind Frauen, allerdings arbeiten davon 45 Prozent in Teilzeit, bei Männern sind es nur 20 Prozent. Das beinahe ausgeglichene Geschlechterverhältnis spiegelt sich allerdings nicht in der Hierarchie der Medien wider. Nur ein Drittel der Leitungsjobs ist mit Frauen besetzt, obwohl sie "viel besser" qualifiziert seien: "Im Topmanagement gibt es die gläserne Decke", resümiert Kaltenbrunner.

Anders als noch vor einigen Jahren möchten sich Journalisten politisch nicht mehr so leicht verorten lassen: "Sie können mit Rechts-links-Schemata wenig anfangen." Was aber nicht heißt, dass es eine Entpolitisierung im Journalismus gebe, ganz im Gegenteil: "Es ist nur eine Entparteipolitisierung." (Oliver Mark, 27.1.2020)