Christian und Ekaterina Mucha lieben es, eine Loge am Opernball und ein Gratiskleid zu bekommen.

Foto: christian fischer

Wien – Der Opernball wäre nicht der Opernball, würde er nicht von Skandalen begleitet. Leider lassen die Gegendemonstrationen nun schon eine Weile aus – und über Richard Lugner echauffiert sich, vielleicht aus umgekehrter Altersmilde, auch niemand mehr. Doch zum Glück gibt es Christian W. Mucha.

Der Herausgeber der publizistisch auffälligen Branchenzeitschrift "Extradienst" schwang sich am Wochenende vor dem großen Ball dazu auf, über einen großen Skandal zu berichten: Opernball-Organisatorin Maria Großbauer wollte von seinem Magazin nicht ausgezeichnet werden.

Wie so viele gefestigte Genies hierzulande bediente er sich einer Serie von Facebook-Postings, um diese aufregende Geschichte zu erzählen.

Ein "nicht uncleverer" Deal

Der Skandal, wie Mucha ihn schildert, geht so: Vor zwei Jahren habe in seiner Mediengruppe jemand die Idee gehabt, Großbauer als "Gastgeberin des Jahres" auszuzeichnen. Die Idee sei "mit einem Hintergedanken verbunden" gewesen, "nicht unclever": "Wir würden so noch in letzter Sekunde zu einer Opernball-Loge kommen."

Ein Medienmacher vergibt einen Preis als Gegengeschäft für einen halb persönlichen, halb geschäftlichen Vorteil. Normalerweise wäre diese Geschichte in Österreich damit fertig erzählt. Doch es kam anders.

Irr schräg

Großbauer sagte dem Geschäft zunächst zu. Der Verleger erhielt eine der angeblich restlos vergriffenen Logen, bezahlte sie "ohne irgendeinen Nachlass zur Gänze". Und machte sich an die Organisation der Preisverleihung für die Opernball-Gastgeberin, unter Berücksichtung ihrer "minutiösen Wünsche". Was tut man nicht alles für eine Loge.

Doch "dann passierte etwas irr Schräges", schreibt Mucha.

Geld für Stoff

Ekaterina Mucha, die Ehefrau des Verlegers, hatte ein Kleid bei einer Designerin in Auftrag gegeben – die Bezahlung, das war für das Ehepaar Mucha klar, ist die Aufmerksamkeit: Der Werbewert für die Modeschöpferin dadurch betrüge 100.000 Euro, schreibt Mucha. Dafür müsste sie nichts bezahlen, nur das Kleid zur Verfügung stellen. Bei der Anprobe habe die Designerin aber gesagt, dass die Muchas "entgegen unserer Vereinbarung" für die Kosten des Stoffes aufkommen müssten.

Da platzte Mucha der Kragen, auch wenn er sich "natürlich" jedes Kleid für seine Frau leisten könne. Er sagte die Kooperation ab und machte sich auf die Suche nach einer neuen Designerin. Dann der Schock: Großbauer sagte die Teilnahme an der Preisverleihung ab. Die Vorbereitung für die Veranstaltung sei nun umsonst gewesen.

"So was hatte uns noch niemals irgendwer auch nur ansatzweise angetan ..."

Der Vertrauensbruch

In einem darauffolgenden Telefonat glaubt Mucha aus einem Nebensatz herauszuhören, dass der Grund für die Absage der Zwist mit der Designerin sei, mit der Großbauer befreundet sei. Großbauer bestreite das aber dem Verleger gegenüber.

Das alles wäre laut Mucha nie an die Öffentlichkeit gekommen, wären ihm nicht schlimme Dinge über Großbauer zu Ohren gekommen: Streit und gekündigte Lieferantenverträge. Über all das plante Mucha in einer Fernsehsendung auszupacken. Jemand habe dann einer Society-Redakteurin gesteckt, er sei wegen des abgelehnten Preises sauer auf Großbauer.

Aufruf an die Opernball-Whistleblower

Das scheint jetzt nicht völlig aus der Luft gegriffen, stellte für den Publizisten aber den Bruch der Vertraulichkeit dar – wodurch nun alle Dämme gebrochen seien: "Es wird Zeit, dass die falschen Töne und die Dissonanzen samt und sonders herauskommen ..."

Seit Muchas Postingserie gehen bei ihm laut eigenen Angaben quasi pausenlos neue Offenbarungen ein. Die Opernball-Whistleblower hätten ihm etwa gesteckt, dass die einigermaßen traditionelle Debütantinnen-Party im Vorfeld nicht mehr vom offiziellen Opernball unterstützt werde.

Die Opernball-Organisatorin selbst schweigt zu Muchas Vorwürfen übrigens – für Mucha natürlich der eindeutige Beweis ihrer Schuld.

Die Rettung des Opernballs

Nun könnte man sagen: Was interessiert es irgendjemanden, dass der Deal eines Verlegers nicht aufgegangen ist? Doch der Opernball ist eine Institution, die so viel aussagt über Österreich: eine in jeder Hinsicht überteuerte Vergnügungsveranstaltung, an der die meisten Besucher nur aus gesellschaftlicher oder vertraglicher Verpflichtung teilnehmen, und das in einem hoffnungslos überprunkten Ambiente.

Ein guter Skandal ist das Einzige, was diese Tradition am Leben erhält. Und Mucha versucht wenigstens, einen solchen herzustellen. Dafür gebühren ihm ein Preis und eine Loge. (Sebastian Fellner, 18.2.2020)