Die Maske wird künftig Einzug in Supermärkte halten.

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Bevor sie den Supermarkt betreten, schauen die meisten Kunden beim Billa am Wiener Praterstern unsicher nach links und rechts. Haben sie wo eine Maskenabgabestation übersehen? Darf man jetzt noch ohne Schutz hinein?

Eine Frau steht beim Gemüseregal und gibt grünen Salat in ihren Einkaufswagen. Eine Maske trägt sie nicht. "Ich habe begonnen, mir eine selber zu nähen, die ist aber noch nicht fertig", sagt sie. "Ich dachte, heute verteilen sie welche."

Ein Security-Mitarbeiter gibt Entwarnung: Heute sei es noch möglich, ohne Maske einzukaufen. Viele Kunden tragen trotzdem schon eine, die sie selbst mitgenommen haben. Beim Ausgang werden Masken für jene ausgegeben, die noch keine haben. Sozusagen als Vorbereitung für die nächsten Tage. Tausend Stück habe man für heute zum Verteilen bekommen, sagt ein Mitarbeiter. Morgen sollen noch mehr kommen. Das Angebot wird von den Kunden gut angenommen, fast jeder holt sich eine ab. "Passen S' bitte auf, nur außen angreifen!", wird eine Kundin gewarnt. Auch eine Gruppe Polizisten hat sich mit Jause eingedeckt. Jeder einzelne Beamte trägt eine Maske. Für sie ist es ab nun verpflichtend.

Dreifachschutz an der Kassa

An der Kassa werden die Mitarbeiter jetzt überhaupt dreifach geschützt: Durch eine Plexiglasscheibe, ein Plastikvisier und eine Maske. Ob sie sich dadurch sicherer fühle? Die Kassierin zuckt mit den Schultern. "Es ist besser als nix."

Schauplatzwechsel. In einem Eurospar im zweiten Bezirk begrüßt ein Mitarbeiter alle Kunden, indem er ihnen eine Maske mit einer Zange entgegenstreckt. "Bitte das nächste Mal wiederverwenden!", wird einem mit auf den Weg gegeben. Auch Schals sind erlaubt. "Eigentlich sogar erwünscht", sagt ein Mitarbeiter. Masken seien schließlich Mangelware.

"Ich glaube, das Virus wird überschätzt", sagt ein junger Mann mit einem Sechsertragerl Cola auf den Schultern. Er ist mit einem Freund einkaufen, beide tragen die Maske, die sie beim Eingang bekommen haben. "Aber Vorsicht ist besser als Nachsicht. Insofern hab ich kein Problem damit." Unsicherheit herrscht aber noch darüber, wie oft die Maske verwendet werden soll. "Ein paar Einkäufe lang geht das schon", sagt der eine. "Nach vier Stunden sollte man sie schon wechseln, hab ich gehört", sagt der andere. Tatsächlich empfiehlt das Bundeskanzleramt, die Maske nach drei bis vier Stunden zu wechseln. Sollte sie durchfeuchtet sein, müsse sie getrocknet werden.

Das Video zeigt, wie die ersten Masken am Mittwoch bei Spar & Co. verteilt wurden.
DER STANDARD/APA

Blaue Seite vorne, weiße Seite hinten

Auch im 22. Wiener Gemeindebezirk werden bereits Masken verteilt. "Die blaue Seite muss nach vorne schauen", wiederholt eine Mitarbeiterin immer wieder. Spar teilt seinen Kunden per Aushang mit, dass die Masken "bis auf weiteres, solange der Vorrat reicht" gratis verteilt werden. Von "Maskenhamsterei" solle Abstand genommen werden. Neben den Kunden tragen auch bereits alle Mitarbeiter Schutzmasken. Dabei gilt die Maskenpflicht bei Einkäufen in Lebensmittelläden und Drogerien – das wurde nach anfänglicher Verwirrung mittlerweile klar – laut einem Erlass der Bundesregierung erst ab 6. April. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat aber bereits am Montag klargemacht, dass überall dort, wo bereits Masken verteilt werden, diese auch aufzusetzen sind. Ansonsten werde der Zutritt in den Supermarkt verwehrt.

Unter der Erde, im Merkur im Traditionskaufhaus Gerngross auf der Mariahilfer Straße, shoppt man am Mittwoch hingegen noch zum Teil unvermummt. Nach einer Maske sucht man vergeblich, auch der Griff zum Wagerl – für den notwendigen Sicherheitsabstand – ist keine Pflicht. Einige haben jedoch schon privat vorgesorgt und führen selbstgenähte Stoffmasken aus.

Führt der Weg noch in den nahegelegenen Hofer, kann man sich dort eindecken: Am Eingang steht ein Kindereinkaufswagen voll mit OP-Schutz. Eine Küchenzange aus Metall soll den Menschen beim Rausholen helfen und die restlichen Masken davor bewahren, angegriffen zu werden – das funktioniert allerdings mäßig. Viele setzen die Maske nach dem Verlassen des Geschäfts nicht ab. Auch auf der Straße ist die Dichte an Menschen mit Mund-Nasen-Schutz deutlich angestiegen. Der Großteil jener wenigen, die sich noch in die ausgestorbene Begegnungszone verirren, bedeckt sich.

Ausweitung der Maskenpflicht?

Somit wird schon geübt, was in den nächsten Tagen folgen könnte: eine Ausweitung der Maskenpflicht, zum Beispiel für öffentliche Verkehrsmittel. "Derzeit ist das Tragen der Masken in den öffentlichen Verkehrsmitteln noch nicht vorgeschrieben, wir warten auf eine schriftliche Weisung der Bundesregierung", sagt eine Sprecherin der Wiener Linien im Gespräch mit dem STANDARD. Allerdings werde der Öffibetreiber Hilfe beim Besorgen des Schutzes brauchen. In einem internen Krisenstab setzen sich die Wiener Linien schon mit der Frage auseinander. Derzeit gibt es für das Maskentragen in Öffis offiziell eine "starke Empfehlung".

Kritik gab es zuletzt auch am Treiben auf den Wiener Märkten. Diese sind weiterhin geöffnet, eine Maskenpflicht gibt es nicht. "Für uns ist wichtig, dass die Nahversorgung auf den Märkten unter den Corona-Vorgaben weiter besteht", sagt Marktstadträtin Ulli Sima (SPÖ) dem STANDARD. Schließlich gebe es auf den Märkten oft sehr günstiges Gemüse und Obst, das sei für viele essenziell. Und: "Wenn wir alle Märkte schließen, gehen die Menschen in die Supermärkte. Dort wird es dann enger – das wäre unverantwortlich", sagt Sima.

In Wien halte man sich an das, was der Bund vorgibt. Sima ist aber der Meinung, dass Menschen, die Masken bekommen, sie auch außerhalb des Supermarkts nutzen. "Zurzeit ist es sehr schwierig, Masken in großem Umfang am Weltmarkt zu kaufen", betont sie auf die Frage, ob auch am Markt der Schutz getragen werden soll. Der große Unterschied zu den Supermärkten: "Man ist an der frischen Luft und unter freiem Himmel." Wenn man dort einen gewissen Abstand bewahre, würde man sich auch nicht so leicht anstecken.

Schlauchschal ist erlaubt

Auch außerhalb Wiens haben die Masken schon Einzug in Supermärkte gehalten. Im sonst gespenstisch leeren Einkaufszentrum ZiB im Salzburger Stadtteil Schallmoos herrscht im Merkur Mittwochvormittag reges Treiben. Die Plastikkörberl sind weggeräumt, am Eingang stehen etliche Tafeln mit Anweisungen, wie die Masken zu handhaben seien. Daneben eine Mitarbeiterin, sie verteilt die Masken beim Eingang mit einer Routine und Ruhe, als ob dies bereits seit Jahren so üblich wäre. Einem Mann mit Schlauchschal vor Mund und Nase beschied sie: "Das ist erlaubt."

Eine Viertelstunde zu Fuß stadtauswärts in einem wirtschaftlich schwächeren Viertel des Stadtteils Gnigls beim Rewe-Discounter Penny funktioniert die Sache auch. Nur dass hier kein Angestellter zum Maskenverteilen abgestellt wurde. Den Job müssen die beiden ohnehin schon gestressten Frauen an der Kassa zwischen dem hektischen Scannen der Warencodes und dem Bezahlen zusätzlich erledigen. Gut möglich, dass zwischen dem Weiterziehen der Waren am Kassenband und dem Verteilen der Masken die Hygiene ein wenig leidet.

"Zweite Kassa, bitte!"

Zurück nach Transdanubien: In einem Billa werden Masken bei der Kassa ausgegeben. Im Gang davor wurden weiße Linien im Abstand von rund 1,5 Metern auf den Boden gepickt. Alle halten sich daran. Die Schlange, obwohl gar nicht so viele Personen anstehen, wird freilich auch dementsprechend lang.

Plötzlich erschallt es von hinten griesgrämig: "Zweite Kassa, bitte!" Kurz wird es hitzig, einige weiter hinten in der Startaufstellung peilen direkt die neu geöffnete Kassa an. Ein Mitarbeiter samt Schutzmaske hat aber alles im Griff. Er fährt erst fort, als sich auch diese ganz hinten in einer Reihe angestellt haben. (Oona Kroisleitner, Vanessa Gaigg, David Krutzler, Thomas Neuhold, 1.4.2020)