Ein Gelsenstich machte Bundeskanzler Kurz beim ORF-"Sommergespräch" nichts aus.

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Ein letztes Mal leuchteten am Montagabend die Feuer am Reisenberg. Der letzte Gast zum "Sommergespräch" bei Simone Stribl war Kanzler Sebastian Kurz. Er strahlte von Beginn an so sehr, dass man ihm den Optimismus, mit dem er wiederholte, dass der Sommer 2021 ein besserer werde, einfach glauben möchte.

Stribl unterbrach weniger als zuletzt, nur als Kurz ausführte, warum Steuersenkungen für alle besser seien als der von der Gewerkschaft für Supermarktkassiererinnen geforderte Tausender, fiel sie ihm ins Wort. Und als er das Prozedere zur Prüfung von Verordnungen im Verfassungsgerichtshof wie in einer Vorlesung beschreiben wollte.

Wir waren halt alle im Stress

Stribl ließ den Kanzler aber auch nicht leicht davonkommen, wenn sie nachfragte, ob er bewusst mit der Angst der Menschen gespielt habe und auf verschobene Arztbesuche und Operationen in der Bevölkerung hinwies. Warum sollte er das tun, konterte der Kanzler. Er sei froh, früh reagiert zu haben, Todes- und Wirtschaftszahlen gäben ihm recht. Fehler räumte Kurz bei der Kommunikation von Ausgangsbeschränkungen ein: Die Formulierungen seien "sicher nicht ideal gewesen, wir waren alle in einer Stresssituation".

Welche Maßnahmen kommen, wenn die Corona-Ampel in Betrieb geht, wollte Kurz noch nicht verraten. Man werde flexibel sein müssen. Das Kleid der Moderatorin könnte dafür eine Metapher gewesen sein. Wäre die Ampel während des Gesprächs auf Rot gesprungen, hätte sie auf den Schultern blitzschnell zwei FFP2-Masken für sich und den Kanzler griffbereit gehabt. Stribl war auch firm genug, um souverän auf akute Gefahren hinzuweisen: "Sie haben da eine Gelse." (Colette M. Schmidt, 31.8.2020)