Elīna Garanča war auch bei Stermann & Grissemann zu Gast.

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Dass Elīna Garanča in der Parsifal-Inszenierung von Kirill Serebrennikov als Kundry den bösen Klingsor mit Pistolenschüssen erledigt, zeigt sie als Sängerin mit Bereitschaft zu radikalen Konzepten. Man muss sie nur überzeugen. Selbst wer die Lettin bei Stermann & Grissemann erlebt hat, sah, dass die Mezzosopranistin auch als Realperson kein Talent zur Unterwürfigkeit hat. Man meinte, dass ihr dort ein paar Fragen eher würdelos erschienen.

Selten populär

Dass sie zugleich versuchte, das Frageduo an Derbheit zu übertrumpfen (etwa durch das kurz angeschnittene Thema "Darmgase"), ließ ihren Auftritt natürlich unausgewogen wirken. Tja. Es wird jene, die sie mögen, nicht davon abhalten, Garančas Open-Air-Konzerte zu besuchen, die es bei Willkommen Österreich zu bewerben galt.

Wie die Kolleginnen Anna Netrebko und Cecilia Bartoli gehört auch Garanča zu jenen raren Sängerinnen, deren Reichweite über das Opernpublikum hinausragt und Konzerte quasi im Popformat ermöglicht.

Sie blieb beharrlich

Um nicht zu viel Spekulatives über sich lesen zu müssen, hat sie längst Autobiografisches in Buchform publiziert. In Wirklich wichtig sind die Schuhe schildert sie auch, dass der Ruhm nicht über Nacht kam: Garanča, Tochter eines Chorleiters und einer Vokalpädagogin, wollte (vergeblich) Schauspielerin werden. Und ihre Vokalabsichten begleitete ihre Mutter anfangs doch mit Skepsis. Garanča blieb hartnäckig. Sie bekam ein Engagement in Meiningen, wo sie – recht einsam – Deutsch per Talkshows lernte.

Ein Wettbewerb, bei dem Legende und Jurorin Joan Sutherland die "Erscheinung einer geborenen Diva" lobte, schubste die Karriere an. Über die Staatsoper (Direktion Ioan Holender) und die Salzburger Festspiele (als Annio in Mozarts Titus) kam alles spektakulär ins Laufen. Und: Der Weltruhm hält berechtigterweise bis heute an und wurde durch zwei Babypausen nicht unterbrochen.

Die Gesamtperson

Garanča, 1976 in Riga geboren und mit dem Dirigenten Karel Mark Chichon verheiratet, ist ja darauf bedacht, Privates und Berufliches elegant in Balance zu halten. Schließlich gibt es auch so etwas wie ein normales Leben: Ihre Kinder mögen dereinst sagen, ihre Mutter "war nicht nur Sängerin, sondern eine Gesamtperson".

Andererseits dürstet die Gesamtperson danach, wieder vor Publikum zu singen. In der fast leeren Staatsoper war von mangelnder Intensität beim Parsifal allerdings nichts zu bemerken. (Ljubisa Tosic,19.4.2021)