Als kürzlich in Salzburg die Lehrerinnen und Lehrer, Kindergärtnerinnen und das Schulpersonal gegen Corona geimpft werden sollten, gingen nur rund 42 Prozent hin (7.500 von theoretisch 17.500). Ähnliches wird auch aus anderen Bundesländern berichtet.

Es gibt Impfvordrängler, es gibt Impfneid, aber es gibt genauso viel oder wahrscheinlich mehr Impfverweigerer. Wenn Österreich auf die zur wirklichen Eindämmung der Pandemie notwendige Impfrate von 70 Prozent kommen will, sollte man sich etwas intensiver um die Verweigerer kümmern. Es gibt begreifliche Motive – etwa die Skepsis gegenüber Astra Zeneca bei jüngeren Frauen. Aber manche scheinen eher Corona – sozusagen als Prüfung – in Kauf nehmen zu wollen, als sich impfen zu lassen.

Für die FPÖ unter Herbert Kickl ist die liberale Demokratie "das System", die anderen Parteien sind die "Systemparteien".
Foto: imago/SEPA.Media/Martin Juen

Im Internet gibt es eine Plattform Respekt.plus (auf keinen Fall zu verwechseln mit der Demokratieplattform respekt.net), die nicht die Existenz von Corona leugnet, aber – mit esoterischem Unterton – praktisch alle Maßnahmen dagegen für völlig überflüssig hält. Ein Protagonist ist der einschlägig aufgefallene Arzt Martin Haditsch. Aber auch die Unterstützer eines "Pädagog*innen-Manifests" (Schreibung der Initiative), bisher rund 1.000 Personen. Davon sind die Mehrzahl Eltern, Schüler und Studenten, aber rund ein Viertel ist "im Bildungsbereich tätig". Darunter eine Wiener Lehrerin, die wegen Verweigerung des Maskentragens in der Schule gemaßregelt wurde.

Radikalisierte FPÖ

Liest man das Manifest, so fällt einerseits der relativ gemäßigte Ton, aber auch andererseits die absolute Blindheit gegenüber einer Pandemie auf. Es gäbe "keine epidemische Notlage", keine Abstandsregeln, keine Masken, keine Tests, natürlich keine Schulschließungen. Sie beklagen, dass es zum vermeintlichen Schutz von Lernenden und Lehrenden sowie deren Angehörigen "kein Händeschütteln mehr, keine Umarmungen, keinen Körperkontakt, kein Singen und Musizieren, keinen gemeinsamen Sport" mehr gibt. Ja, das ist ein Problem. Aber die Unterzeichner des Manifests scheinen das Wesen einer Seuche nicht begriffen zu haben. Oder sie nehmen die Folgen in Kauf.

Ganz eindeutig die Folgen für die Menschen in Kauf nimmt hingegen die neuerdings noch mehr radikalisierte FPÖ. Die Motivation der FPÖ unter Herbert Kickl hat mehrere Stränge: einerseits kaltes politisches Kalkül. Es gibt soundso viel Corona-Leugner oder -Skeptiker (ebenso wie es Gegner des EU-Beitritts gab), und diese Nische besetzt man eben. Aber es schwingt mehr mit. Für die FPÖ ist die liberale Demokratie "das System", die anderen Parteien sind die "Systemparteien" (ein Nazi-Begriff). Vom "System" wollen sie sich nichts sagen lassen.

Aber es geht noch eine Schicht tiefer. Bei der letzten großen Corona-Demo rief Kickl mit dem gewissen Tremolo in der Stimme: "Wir alle haben ein intaktes Immunsystem, und ein intaktes Immunsystem macht den Menschen stark gegen jede Art von Virus und all die Mutationen, die jetzt von irgendwoher neu entdeckt worden sind." Klar, der gesunde deutsche Mensch hat ein intaktes Immunsystem, und das schützt ihn vor Mutationen, die "von irgendwoher" kommen.

Die einen geben sich eher esoterisch, die anderen völkisch-sozialdarwinistisch. Es wird nicht leicht sein, da durchzudringen. (Hans Rauscher, 21.4.2021)