Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) ist sich "sicher, dass wir gut durch den Herbst kommen", wie er am Mittwoch bei einer Pressekonferenz sagte.

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Im Osten des Landes sind die neunwöchigen Schulferien bereits zur Hälfte wieder vorüber, am 6. September geht es in den Klassenzimmern in das bereits vierte Corona-Semester. Diesen Zeitpunkt nutzte Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) am Mittwoch, um seine Pläne für den Schulbetrieb im Herbst bei einer Pressekonferenz vorzustellen.

Als wichtigstes Ziel gab Faßmann aus: "Der Präsenzunterricht soll in allen Schulstufen und allen Schultypen kontinuierlich stattfinden." Im Unterschied zum Jahr 2020 wolle nun "keiner mehr in der Regierung" flächendeckende Schulschließungen oder Schichtbetrieb forcieren, wie Faßmann eine Spitze in Richtung Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) formulierte.

In der "ZiB 2" am Dienstag wurde Bildungsminister Faßmann zu seinen Plänen befragt.
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Gelingen soll der volle Präsenzbetrieb durch eine Kombination aus Corona-Tests, Impfungen, Luftfiltern und einem Frühwarnsystem, in dem auch Klospülungen eine Rolle spielen. Die einzelnen Maßnahmen im Überblick:

Maske und Testpflicht am Anfang, einmal wöchentlich PCR

Die ersten zwei Wochen des neuen Semesters werden zu einer "Sicherheitsphase" erklärt. Das bedeutet, dass alle Schülerinnen und Schüler – egal ob geimpft, genesen oder nicht – dreimal wöchentlich getestet werden müssen. So soll das Einschleppen des Virus aus den Sommerferien verhindert werden, zumal viele Kinder in den Ferien kaum getestet werden und Infektionen daher oft unerkannt bleiben.

Konkret soll zu Schulwochenbeginn am Montag in der Klasse gemeinschaftlich sowohl ein Nasenbohrer-Antigentest als auch ein PCR-Spültest absolviert werden. Die Resultate des Antigentests liegen quasi sofort vor, die PCR-Testlösungen sollen an der Schule gesammelt und dann von der Post abgeholt und zum nächsten Labor gebracht werden. Die Ergebnisse sollen dann am Dienstag eintreffen und – sofern sie negativ sind – bis Donnerstag gelten. Am Donnerstag kommt dann wiederum ein Antigen-Schnelltest zum Einsatz. Die logistischen Details zu den österreichweiten PCR-Spültests stehen aber noch nicht fest, wie Faßmann einräumte – immerhin gibt es bisher nur in Wien eine flächendeckende PCR-Infrastruktur via "Alles gurgelt". Beim Spülen bleibt übrigens im Unterschied zum Gurgeln der Mund zu, damit bei der kollektiven Prozedur nicht erst recht virusbeladene Aerosole durch die Klasse zu tanzen beginnen.

Die Testergebnisse werden wie schon im vergangenen Semester im "Ninja-Pass" vermerkt, der als Eintrittsberechtigung für Lokale, Friseure, Freizeiteinrichtungen und Ähnliches gilt.

Außerdem gilt in der zweiwöchigen Sicherheitsphase die Pflicht zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes abseits des Sitzplatzes, etwa auf dem Gang. Auf dem Sitzplatz darf man die Maske abnehmen.

Und nach der "Sicherheitsphase"?

Wie es mit der Testfrequenz und den Masken im Laufe des Herbsts weitergeht, ist noch nicht klar. Das "hängt davon ab, was uns das Frühwarnsystem meldet", sagte Faßmann. Dass es ganz ohne Tests weitergeht, sei eher unwahrscheinlich, aber: "Ich will keine aufwendigen Tests dreimal pro Woche stattfinden lassen, wenn es die Inzidenzen nicht notwendig erscheinen lassen." Das sei auch eine Kostenfrage, meinte der Bildungsminister. Einen Schwellenwert, der bestimmte regionale Inzidenzwerte an eine dort verpflichtende Testfrequenz koppelt, hat die Regierung derzeit nicht in petto. Faßmann sieht es aber als "Hausaufgabe" seines Ressorts, gemeinsam mit dem Gesundheitsministerium im August geeignete Parameter zu erarbeiten; die Sieben-Tage-Inzidenz hält er aufgrund der hohen Durchimpfungsrate in gefährdeteren Bevölkerungsgruppen nicht mehr für so bedeutend wie ehedem.

Wie sieht nun das besagte "Frühwarnsystem" aus, das Auskunft über die epidemiologische Lage an Schulen geben soll? Zum einen sollen in Kooperation mit der Technischen Uni Wien und der Uni Innsbruck in 116 Kläranlagen des Landes Abwasseranalysen durchgeführt werden. Damit könne man rund 75 Prozent der Schulstandorte erfassen. Den Vorteil dieser schon seit Pandemiebeginn mancherorts praktizierten Erhebungsmethode erklärte der Abwasserexperte Nobert Kreuzinger von der TU Wien bei der Pressekonferenz damit, dass man – "weil jeder aufs Klo geht" – unabhängig von der Testintensität Daten über die Verbreitung des Coronavirus erhält. Auch das Infektionsgeschehen bei Testmuffeln fließt somit wortwörtlich ein. Zudem schlägt das Abwasser bei einem Cluster früher an, weil das Virus dort schon nachweisbar ist, bevor die Menschen etwaige Symptome entwickeln.

Zum anderen sieht das "Frühwarnsystem" die Fortsetzung der PCR-Gurgelstudie vor. An 300 repräsentativ ausgewählten Schulen sollen Kinder und Jugendliche getestet werden.

Impfbusse fahren Schulen an

Für Kinder unter zwölf spielen Corona-Vakzine vorerst keine Rolle, da sie in dieser Altersgruppe bisher nicht zugelassen sind. Ab zwölf Jahren empfiehlt hingegen das Nationale Impfgremium – und deshalb auch die Regierung – die Impfung. Schüler, die sich impfen lassen, sollen im kommenden Schuljahr – neben dem Gesundheitsschutz – auch Vorteile in Form gelockerter Regeln erhalten: Nach der Sicherheitsphase sollen sie im Falle einer etwaig weiterhin bestehenden Testpflicht von dieser befreit sein. Die Impfung wird auch mit einer eigenen Stickerfarbe im Ninja-Pass eingeklebt.

Um die Impfquote bei Kindern und Jugendlichen zu erhöhen, sollen bereits Sommerschulen in den letzten beiden Ferienwochen von den Impfbussen der Bundesländer angefahren werden. Auch im regulären Schulbetrieb sollen die Busse regelmäßig bei den Schulen halten.

Geld für Luftfilter, wenn Lüften nicht geht

Überall dort, "wo das Lüften nicht oder schwer möglich ist", sollen laut Faßmann Luftreinigungsgeräte eingesetzt werden. Außerdem in Räumen, in denen besonders viele Aerosole kursieren (wie etwa in Musikzimmern). Auf welche konkreten Schulräume und Klassen diese Bedingungen zutreffen, soll nun von den Schulerhaltern erhoben werden. Der Bund stellt zehn Millionen Euro zur Verfügung, um ihnen die Anschaffung der Geräte zu subventionieren. Welchen Anteil der Kosten der Bund je Gerät übernimmt, hänge von der gesamten Ausschöpfung des Luftfilterbudgets ab, sagte Faßmann sinngemäß. Die Luftfilter gelten nur als ergänzende Maßnahme – für Lockerungen bei Test- oder Maskengeboten sind sie nicht gedacht.

Lehrervertreter weitgehend zufrieden

Die Reaktionen auf die Pläne fielen durchwachsen aus. Während es von Lehrer-, Eltern- und Wirtschaftsvertretern grundsätzlich Lob gab, sind die Pläne für die SPÖ "bestenfalls 'Genügend', um Schul-Lockdowns zu verhindern", für die Neos "zu kurzsichtig". Die FPÖ fordert Faßmann auf, sich um Bildungsverluste zu kümmern statt die Schulen "immer mehr zu medizinischen Forschungsinstituten" umzubauen.

Für den obersten Lehrervertreter Paul Kimberger (FCG) enthält der Vierpunkteplan "jene Dinge, die notwendig sind für einen guten Schulstart". Die Lehrergewerkschaft sei dabei eingebunden worden. Auch der Bundesverband der Elternvereine zeigte sich im Großen und Ganzen zufrieden; allein dass die Testpflicht für Geimpfte fällt, sorgte dort für Kritik.

SPÖ kritisiert scharf

SPÖ-Bildungssprecherin Petra Vorderwinkler lässt wiederum kaum ein gutes Haar an dem Plan. Die PCR-Tests würden nach der Sicherheitsphase nicht flächendeckend eingesetzt, und es fehlten klare Parameter für das Frühwarnsystem. Auch bei den Luftfilteranlagen hat Vorderwinkler Zweifel an der Ernsthaftigkeit bei der Anschaffung. So wirklich klar sei jetzt noch immer nicht, wie sich das kommende Schuljahr darstellen werde. "Es erinnert einiges ans Ampelchaos des Vorjahres."

Kritik kommt auch von FPÖ-Bildungssprecher Hermann Brückl: "Faßmann soll sich endlich um die Psyche der Schüler, um die in der Pandemie aufgetretenen sozialen Probleme und um die bei den Schülern eingetretenen Bildungsrückstände und Bildungsverluste kümmern." Mit den geplanten Privilegien für Geimpfte treibe er die Spaltung der Gesellschaft voran.

Neos-Bildungssprecherin Martina Künsberg Sarre fehlt ein langfristiger Plan. "Erst eine Sicherheitsphase abwarten zu wollen, um dann zu entscheiden, wie es weitergehen soll, ist zu kurzsichtig", meinte sie in einer Aussendung. (Theo Anders, red, 4.8.2021)