Ließen Milde walten bei den Einschränkungen: Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer (Grüne) und Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) in der Wiener Staatsoper.

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Bundestheater-Holding-Chef Christian Kircher sieht 2G als probateres Mittel im Kampf gegen die Pandemie.

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Die einen hatten es befürchtet, andere hatten es hinter den Kulissen sogar von der Politik gefordert: eine 2G-Regel im Kulturbetrieb, die nur noch Geimpften und Genesenen Zutritt ermöglicht und Ungeimpfte ausschließt. Beschlossen worden ist das nun vorerst aber nur für Großveranstalter und Clubs, die keine festgelegten Sitzplätze haben, und auch nicht dauerhaft. Stehkonzert und Partynacht werden erst ab einer Intensivbetten-Belegung von 15 Prozent für ausschließlich Getestete unmöglich. Christian Kircher, Geschäftsführer der Bundestheater-Holding, in der die drei großen Staatsbühnen Burgtheater, Volksoper und Staatsoper zusammengefasst sind, würde noch strengere Regeln befürworten.

STANDARD: Die Theater bleiben von 2G vorerst verschont, es dürfen weiterhin Ungeimpfte hinein. Stört Sie das?

Kircher: Wir, die Leiterinnen und Leiter der Bundestheater und ich, haben uns darauf geeinigt, dass wir grundsätzlich auch sehr scharfe Maßnahmen befürworten würden. Es ist eine politische Entscheidung, dass weiterhin auch Getestete Zutritt haben.

STANDARD: Das heißt, Sie wollen eigentlich gar keine ungeimpften Getesteten mehr in den Theatern?

Kircher: Wir befürworten geschlossen die 2G-Regel. Aktuell können und werden wir Getestete auf Basis der derzeitigen Regelung nicht ausschließen, das ist klar. Wir wollen aber einen Beitrag dazu leisten, dass die Impfquote steigt.

STANDARD: Warum setzen Sie 2G dann nicht im Alleingang um?

Kircher: Weil es nicht an uns liegt, einen Standard zu setzen. Wir achten aber penibel auf die Einhaltung der geltenden Regeln.

STANDARD: Haben bei Ihnen Mitarbeitende, die sich nicht impfen lassen, mit Nachteilen zu rechnen?

Kircher: In unserer Belegschaft ist die Impfquote bei 90 Prozent, deutlich über dem Bundesdurchschnitt. Wir können und wollen natürlich niemanden sanktionieren, der sich nicht impfen lässt, aber es geht mir immer um die Gesundheit der gesamten Belegschaft. Also müssen die Ungeimpften laufend Testnachweise erbringen. Das kann man vielleicht als Nachteil bezeichnen – diese Vorgangsweise ist aber notwendig für den Betrieb.

STANDARD: Wie viele ungeimpfte Besucher kommen überhaupt aktuell?

Kircher: Wir erheben nicht, wie viele Geimpfte und Ungeimpfte kommen, sondern wir kontrollieren die gültigen Eintrittsnachweise. Schätzungsweise dürfte der Anteil an Ungeimpften aber gering sein.

STANDARD: Die Bundestheater können als staatliche Großtheater 2G vielleicht verkraften. Verstehen Sie, wenn kleinere Betriebe das nicht wollen?

Kircher: Wir rechnen bei einer strengen 2G-Regel mit geringen Rückgängen. Das betrifft aus unserer Sicht aber alle Theater gleich. Mit Ausnahme vielleicht von Jugend- und Kindertheatern, wo es vollkommen verständlich ist, dass es andere Lösungen geben muss.

STANDARD: Ist es diskriminierend, Ungeimpfte auszuschließen? Unter denen, die das öffentlich beklagen, sind auch immer wieder Schauspieler.

Kircher: Das ist eine gesellschaftspolitische Diskussion, und jeder soll dazu seine Meinung haben. Meine persönliche Meinung ist, dass ich Impfungen befürworte, aber auch keinen Impfzwang haben möchte. In dieser schwierigen Fragestellung hat die Politik zu entscheiden.

STANDARD: 2G im Theater sehen Sie also als gesellschaftlichen Anreiz zum Impfen, aber nicht als Zwang?

Kircher: Ja, als Anreiz. Und für den Theaterbetrieb, wo körpernah gearbeitet wird, ist es auch schlicht eine Notwendigkeit. Wir wollen nicht, dass es erneut Cluster gibt und es dadurch zu einer Schließung der Theater oder einem Lockdown kommt. Das kann nicht in unserem Interesse sein. Und auch nicht im Interesse jener Mehrheit, die sich impfen lässt. Bevor es so weit kommt, wollen wir lieber 2G. (Stefan Weiss, 9.9.2021)