Luca Salsi (hier mit Anna Pirozzi), ein echter Glücksfall für den "Macbeth"-Abend.

Foto: Staatsoper/M. Pöhn

Jetzt hatte man sich gerade an den herben Charme von Christian Räths Macbeth-Inszenierung gewöhnt. Doch im Zuge des eigenwilligen Übernahmekonzepts, das in der ersten Spielzeit der Direktion Roščić am Opernring 2 etabliert wurde, fand Barrie Koskys Zürcher Inszenierung der düsteren Verdi-Oper ihren Weg über den Arlberg an die Donau und verdrängte Räths Betonbrutismus.

Koskys rabenschwarze Deutung des Werks ist sieben Monate nach ihrer ersten Wien-Präsentation erneut an der Staatsoper zu erleben: Back to black. Das Ambiente der Deutung: eine Dunkelkammer, die der Schwärze in den Mörderseelen des schottischen Königs(mörders) und seiner Gattin nachempfunden scheint. Der Chor agiert meist im Dunklen, sexuelle Mischwesen bedrängen das skrupellose Paar in Zeitlupe. Inmitten der allumfassenden Schwarzmalerei liegt der Fokus fast komplett auf Macbeth und seiner machtgeilen Gemahlin.

Sein Parlando!

Wie gut, wenn der Betriebsdirektion unter solchen Umständen ein Luca Salsi für die Besetzung der Titelpartie zur Verfügung steht. Der Italiener setzt für den Macbeth Maßstäbe: Sein Parlando, durchsetzt mit Lauten des Seufzens, Bebens, Schluchzens und Röchelns, wirkt so lebensnah und variabel, dass man fast vergisst, dass Salsi eigentlich singt.

Die Bärenstärke seines Baritons lässt er am Mittwochabend erst im Schlussakt von der Kette. Vielleicht, dass Salsi der zuckenden Verzweiflung des geisteskranken Mörders fast etwas übervirtuos Ausdruck verleiht und die Grenze zu einer Kasperliade des Leidens streift. Im Kontrast zu ihrer Vorgängerin Anna Netrebko setzt Anna Pirozzi ihren Sopran gern als mörderische Waffe ein, ihre Spitzentöne gleichen Projektilen mit fulminanter Durchschlagskraft.

Freddie De Tommaso zelebriert hingegen die kluge Feindosierung seiner vokalen Kräfte (als Macduff bei der Arie O figli, o figli miei). Gleichförmig wohltönend kommt Roberto Tagliavinis Banco rüber, umwerfend aber der Chor bei Patria opressa. Ein Traum das Staatsopernorchester, das der famose Giampaolo Bisanti in umsichtiger Detailarbeit zu beseelten, suggestivkräftigen Klangmalereien in allen Farbschattierungen animiert. Es war Weltklasse. (sten, 21.1.2022)