Bild nicht mehr verfügbar.

Laut Michael Mayr fällt an den Austragungsorten rund um Peking "schon jeden Winter Schnee, nur nicht viel".

Foto: Reuters/Pawel Kopczynski

Vom 4. bis 20. Februar finden die Olympischen Winterspiele rund um die chinesische Hauptstadt Peking statt. In der Gegend ist es zwar kalt, schneien tut es de facto aber nicht. Das Südtiroler Unternehmen Technoalpin bekam deshalb wie bei den vergangenen Olympischen Spielen den Zuschlag, alle Pisten mit Kunstschnee zu präparieren. Angesichts des massiven Energie- und Wasserbedarfs sprechen Wissenschafter von den "unnachhaltigsten Spielen aller Zeiten". Wie das Unternehmen selbst dazu steht, dazu nimmt Michael Mayr Stellung. Er hat das Projekt in China für Technoalpin von Anfang an betreut.

STANDARD: Wenn Sie die Bilder vom weißen Schneeband inmitten der braunen Landschaft sehen – bekommen Sie da Lust aufs Skifahren?

Mayr: Ich arbeite seit zehn Jahren in China, die Lage wird übertrieben dargestellt: Es fällt dort schon jeden Winter Schnee, nur nicht viel. Solche Bilder kennt man auch vom Winter hier bei uns. Als passionierter Skifahrer hat man trotzdem Lust aufs Skifahren.

Michael Mayr ist verantwortlich für die Beschneiung bei den Olympischen Spielen. Technoalpin produziert bereits für die siebenten Winterspiele Kunstschnee.
Foto: Michael Mayr

STANDARD: Eine Professorin für Hydrologie an der Universität Straßburg kritisiert, dass die Wettkämpfe in Peking die "unnachhaltigsten Spiele aller Zeiten" würden. Angesicht der Energie- und Wassermassen, die Beschneiungsanlagen benötigen: Können Sie das nachvollziehen?

Mayr: Das kann ich nicht nachvollziehen. Und zwar aus mehreren Gründen: Die Schneemenge, die in China gebraucht wird, ist die gleiche wie bei den Olympischen Winterspielen in Pyeongchang 2018 oder in Sotschi 2014. Von der Menge ändert sich hier nichts. Außerdem wird hier immer von Wasserverbrauch gesprochen. Aber das Wasser wird nicht verbraucht. Das Wasser ändert nur seinen Aggregatzustand. Wenn es wieder schmilzt, wird es in riesigen Drainagesystemen gesammelt. Danach wird das Wasser dem Kreislauf wieder zurückgeführt. Das gesamte Wasser, das wir als Schnee auf die Pisten bringen, kommt zu 100 Prozent wieder zurück. Was in Peking dazukommt, ist, dass wir hier ein extrem kaltes und trockenes Wetter haben. Für die Beschneiung ist das optimal. Der Stromaufwand des produzierten Schnees ist viel geringer als in Pyeongchang, Sotschi oder auch bei uns in den Alpen. Wenn wir also nur die Beschneiung betrachten, kann ich die Kritik nicht ganz nachvollziehen.

Bild nicht mehr verfügbar.

Die Olympischen Winterspiele finden an einem Ort statt, an dem es zwar kalt ist, aber viel zu wenig schneit.
Foto: Reuters/Pawel Kopczynski

STANDARD: Schätzungen gehen von zwei Millionen Kubikmetern Wasser aus, die für die Beschneiung der Pistenanlagen notwendig sind. Haben Sie konkrete Zahlen zu den Wassermengen, die in China gebraucht werden?

Mayr: Unsere Rechnung ist ein wenig konservativer. Wir liegen bei 1,3 Millionen Kubikmetern Wasser, die wir benötigt haben.

STANDARD: Sie haben es schon erwähnt, selbst in Österreich kommen viele Skigebiete nicht mehr ohne künstlichen Schnee aus. Haben Sie Angst vor den weiteren Folgen des Klimawandels, oder ist der sogar gut fürs Geschäft?

Mayr: Erinnern wir uns zurück an die Skigebiete vor zwanzig Jahren. Da gab es einen Lift, der zu einem oder zwei Hotels geführt hat. Und das war's. Die Investitionen waren überschaubar. Aber in den letzten Jahren wurden aus einfachen Gegenden große Skigebiete. Dazu gehören Hotels, die Infrastruktur, Geschäfte – da hängt also sehr viel dran. Und alle diese Wirtschaftszweige sind darauf angewiesen, dass Schnee kommt. Das Problem, das wir haben, ist: Manchmal schneit es früher, manchmal später. Wenn es also erst im Jänner schneit, haben alle diese Wirtschaftszweige zu Weihnachten und über Neujahr ein riesiges finanzielles Problem. Es geht also nicht darum, die Natur zu übergehen. Es geht darum, für alle Wirtschaftszweige, die involviert sind, sichere Verhältnisse zu schaffen.

STANDARD: Ein kleiner Blick in die Zukunft: Werden wir uns an diese weißen Schneebänder in einer braunen Landschaft gewöhnen müssen?

Mayr: Gewöhnen müssen wir uns, denke ich, nicht. Aber wir können das Wetter nicht beeinflussen. Auch in Zukunft wird der natürliche Schnee kommen. Großveranstaltungen können aber gerade aus diesem Zeitfenster fallen. Dann sieht man solche Pisten eben auch. (Matthias Balmetzhofer, 2.2.2022)

Mehr zu Olympia 2022

Kalender und alle Ergebnisse
Medaillenspiegel und Entscheidungen des Tages