Nuschin Vossoughi leitet das Theater am Spittelberg.

Foto: Andreas Müller

Wien – Die Jubiläumssaison wird "geplant als ein Sommer wie damals", versichert Nuschin Vossoughi. Auch im kleinen Theater am Spittelberg freut man sich auf corona-restriktionsfreie Vorstellungen, "schließlich macht die Nähe zum Publikum genau jene einzigartige Atmosphäre aus, die uns auszeichnet". Das am 1. Juni startende Sommerprogramm soll ein Best-of der vergangenen 20 Jahre bieten. Am Montag wurde es vorgestellt.

20 Jahre Theater am Spittelberg – das bedeutet (nach Zählung des Hauses) 3.000 Vorstellungen, 9.000 Künstlerinnen und Künstler, 300.000 Besucherinnen und Besucher. Im Mai 2003 hatte Vossoughi die Pawlatschenbühne in Wien-Neubau, 1983 bis 1994 Heimstatt des Jura-Soyfer-Theaters, als Sommerbühne eröffnet. Mittlerweile spielt man in einem 2010 runderneuerten Theater acht Monate im Jahr. "Dafür haben wir imSommer so viel Konkurrenz bekommen wie nie zuvor", verweist die Direktorin auf die vielen Sommerbühnen, die in der Pandemiezeit wie Schwammerln aus dem feuchten Boden gewachsen sind: die von Georg Hoanzl und Michael Niavarani initiierte "Bühne im Park" des Belvedere, Viktor Gernots "Praterbühne", die "Sommer Rhapsodie" im Garten des Palais Liechtenstein – sie alle haben in ihren Programmen nicht unerhebliche Schnittmengen. Doch das Theater am Spittelberg hat nicht nur ein Stammpublikum, sondern auch treue Künstler, die gerne wiederkommen und nicht selten in der intimen Wohnzimmer-Atmosphäre etwas Besonderes ausprobieren.

Best-of-Programm

Der Spielplan zum Jubiläum präsentiert sich demnach als Best-of-Programm. Noch vor der offiziellen Eröffnung feiert Andrea Eckert mit den Wladigeroff Brothers und Otmar Klein von 17. bis 21. Mai Premiere mit "Das Blaue vom Himmel – 100 Jahre Georg Kreisler". Nach der aktuellen Auflage der 2001 ins Leben gerufenen Wienerlied-Konzertreihe "Wien im Rosenstolz – Landpartie"(23. bis 28. Mai) eröffnet dann die "Sommerbühne" am 1. Juni mit einem 20-Jahre-Fest mit Wiener Blond, Gebrüder und Gesangskapelle Hermann. In der Folge gastieren u.a. Jazzerin Simone Kopmajer (9. Juni), Roland Guggenbichler (14. Juni), das Wenzel Beck Trio (29. Juni), Diknu Schneeberger mit dem Trio Wien (22. Juli ) oder "Pawlatschen-Paganini" Aliosha Biz und Akkordeonist Sasha Shevchenko (28. Juli). Bei einem Best-of darf natürlich auch Erika Pluhar nicht fehlen. Am 5. August kommt sie mit Klaus Trabitsch und MoZuluArt.

"Fado ist eine Schiene des Hauses, die sehr gut angenommen wird", sagt Vossoughi. Zu den Besonderheiten zählt auch, dass es jeden Sonntag Kinderprogramm für die ganz Kleinen ab drei Jahren gibt: "Da gibt es in Wien viel zu wenig Angebot." Neue Schienen wie "Im Rampenlicht", bei denen sonst im Hintergrund agierende Musiker mit ihren Freunden in den Vordergrund treten, sollen verdeutlichen, dass man sich programmatisch auch nach vorne orientiert.

Seit 2003

Die gebürtige Perserin kam mit acht Jahren nach Wien und war Anfang der 80er-Jahre an der Seite von Alf Kraulitz am Aufbau des Metropol in Hernals beteiligt, die erste von einigen Etappen in der Wiener Kulturszene, die schließlich 2003 zur Übernahme der verwaisten Pawlatschenbühne im Szeneviertel Spittelberg führten. "Grundsätzlich ist die Akzeptanz für Multikulturalität viel größer geworden. Ich habe an das bunte, das vielfältige Wien ja immer geglaubt. Wien ist aber heute mindestens ebenso beliebt wie Berlin. Meine Praktikanten kommen alle aus Deutschland", lacht Nuschin Vossoughi. Bei der Politik mahnt sie allerdings mehr Praxisnähe ein. "Das Theoretische stimmt, in der Praxis hapert es aber häufig." Und einen frühen Weihnachtswunsch hat die ehemalige Produktionsleiterin am Spittelberger Weihnachtsmarkt auch: Beim nächsten Weihnachtsmarkt möge keine Hütte mehr direkt vor dem Theatereingang aufgestellt werden und so das Publikum behindern. Bisherige diesbezügliche Appelle seien nämlich ungehört verhallt. (APA, 17.5.2022)