Eine Wette mit dem Feenreich soll zeigen, wie liederlich des Menschen Seele ist: "Lumpazivagabundus" (mit Gregor Kronthaler und Claudia Waldherr), zu sehen auf der Wanderbühne des Ensembles Porcia.
Foto: Marco Riebler

Es ist Sommer, aber Obacht: Beim Theaterbesuch die dicke Jacke nicht vergessen! Und Sonnencreme, Gelsenspray, Regenschirm. "Das versierte Sommertheaterpublikum erscheint wie fertig vorbereitet für einen Campingurlaub", sagt eine, die es wissen muss: Schauspielerin Kristina Sprenger, bekannt als TV-Kommissarin in SOKO Kitzbühel, ist seit 2014 Intendantin der Festspiele Berndorf und seit 2021 Obfrau der österreichweit größten Sommertheater-IG, dem derzeit 19 Spielorte umfassenden Theaterfest Niederösterreich.

Allsommerlich verwandeln sich Burgruinen, Schlosshöfe und Wiesen zu Bühnen für Sprechtheater, Musical oder Oper. Das Angebot steigt stetig. "Im Sommertheater dürfen wir die Natur als Partnerin verstehen", präzisiert Sprenger die Sache mit den plötzlichen Regeneinbrüchen und verweist darauf, dass viele Spielstätten über Ausweichmöglichkeiten verfügen. Im Schönwetterfall? "Dann bedeutet Sommertheater einen lauen Abend, ein stimmungsvolles Ambiente und ein Gesamterlebnis, bestehend aus Kunst und Lebenslust."

Beim Festival Luaga und Losna in Vorarlberg ist die internationale Koproduktion "Die Kinder von Amazi" zu sehen.
Hubert Amiel

Das Glas regionalen Weins vorher, die Übernachtung in der Gegend nachher, das alles sorgt für eine hohe Umwegrentabilität. Jeder in Kunst investierte Euro wird so vervielfacht, betont Sprenger, denn Kultur und Tourismus gehen Hand in Hand. "Das sind zwei Bereiche, die in der Pandemie schwer gelitten haben, zwei Bereiche, die diesen Sommer wieder symbiotisch voneinander profitieren sollen. Also liebe Leute: Geht ins Theater! Lasst euch mitnehmen auf unterhaltsame und berührende Reisen!"

Die Nestroy-Spiele Schwechat beispielsweise, wohin eine Anreise sogar mit öffentlichen Verkehrsmitteln problemlos möglich ist, feiern heuer ihr 50-Jahr-Jubiläum (2. 7. bis 5. 8.). Seit 1973 ist im Schloss Rothmühle jeden Sommer ein Stück aus dem Œuvre des großen Volkstheaterschreibers Johann Nestroy zu erleben. Peter Gruber, künstlerischer Leiter seit Anbeginn, wird das Szepter nun übergeben und inszeniert zum Abschied Nur Ruhe!, eine Posse rund um Erfolg, Ruhestand und eine Lederfabrik.

Sommertheater, das ordentlich zubeißt: Zu Gast beim Theaterfestival Hin und Weg in Litschau sind Tea Kovše und Yves Brägger mit ihrem Miniaturopernpuppentheater "Drakula".
Foto: Uros Zavodnik

Dass sich Unterhaltung und Sozialkritik nicht ausschließen müssen, dafür stehe Nestroy paradigmatisch, und überhaupt sei mit diesem Vorurteil aufzuräumen, plädiert Sprenger. Für Berndorf hat sie diesen Sommer Neil Simons Komödie Ein seltsames Paar programmiert, die am 15. Juli Premiere feiert.

Ebenfalls Mitglied beim Theaterfest Niederösterreich sind die Sommerspiele Melk, die in der überdachten Wachauarena mit Blick auf die barocke Pracht des Stiftsgebäudes stattfinden. Und das heuer mit gleich drei Uraufführungen: Nero. Er wollte doch nur spielen, ein Schauspiel von Jérôme Junod, Glory Days. Oder: Junge Römer, eine Musikrevue von Tania Golden und Alexander Hauer, und Fred Feuerlöscher, eine Musikrevue für Kinder ab vier Jahren – sie sollen unterschiedliche Publikumssegmente ansprechen.

Obfrau Theaterfest NÖ: Kristina Sprenger.
Foto: APA/Scheriau

Theaterwagen unterwegs

Demgegenüber setzen die Sommerspiele Perchtoldsdorf heuer ganz auf eines – und zwar auf Molière oder der Heiligenschein der Scheinheiligen nach Michail Bulgakow. Von 30. Juni bis 30. Juli zeigt ein zwölfköpfiges Ensemble in der Regie von Intendant Michael Sturminger eine elegante Auseinandersetzung mit dem französischen Dramatiker.

Auch in anderen Bundesländern haben Sommerbühnen ein reges Leben entwickelt. Das Ensemble Porcia in Kärnten, 1961 gegründet und von H.-C. Artmann als Dramaturgen mitgeprägt, ist ein Komödienhotspot sondergleichen (20.000 Besucher). Neben dem Schloss Porcia in Spittal an der Drau, wo heuer Tartuffe (ab 8. 7.) in einer Bearbeitung von Hans Weigel gegeben wird, zieht seit der Intendanz Angelica Ladurners auch ein Theaterwagen übers Land. Aus ihm hüpfen dann in dieser Saison zum Beispiel die Spieler vom Lumpazivagabundus (bis 31. 8.) heraus – Sommertheater, das zu den Leuten in Stadt und Dorf kommt! (Theresa Luise Gindlstrasser, 22.6.2022)