Festspiel-Intendant Markus Hinterhäuser (li.) begleitete Matthias Goerne am Klavier.

Foto: SF / Marco Borrelli

Salzburg – Komponist Hanns Eisler hat im kalifornischen Exil (zwischen 1942 und 1943) aus Verzweiflung und wohl auch aus Langeweile haufenweise Gedichte vertont. So entstand auch ein inhaltlich wie charakterlich eigenständiger Miniaturenzyklus von fünf Hollywood-Elegien, der die Filmwirtschaft schön aufs Korn nimmt.

Er ist knapp, präzise, erhellend, ätzend, todtraurig: "Die Stadt ist nach den Engeln genannt, und man begegnet allenthalben Engeln. Sie riechen nach Gold und tragen goldene Pessare. Und mit blauen Ringen um die Augen füttern sie allmorgendlich die Schreiber in ihren Schwimmpfühlen." Das ist eine der langsamen, eher weich zu intonierenden Nummern.

Matthias Goerne lässt mit gewohnter technischer Souveränität die "Engel" zu einem Spitzenton stimmlich himmelhoch aufflattern, ohne den Textfluss zu unterbrechen. Er verleiht den (auch sonst) oft mehr zu deklamierenden als zu singenden Liedern den Schmelz einer Stimme, für die es Grenzen zwischen Tenor-, Bariton- und Basslage nicht zu geben scheint. Markus Hinterhäuser ist ein zurückhaltender, umso facettenreicheren Klanggrund legender Mitgestalter am Klavier.

Man ist strategisch

Brechts scheinbar nüchterne Analyse Über den Selbstmord – trübe Abende, hohe Brücken, die Stunden zwischen Nacht und Morgen, "und die ganze Winterzeit dazu, das ist gefährlich" – endet mit einem Schrei. Hinterhäuser/Goerne haben ihn geradezu filmisch als Schockeffekt aufgebaut.

Die wenigen beinahe strategisch ins Hollywooder Liederbuch eingefügten "schönen alten Lieder" von Robert Schumann und Franz Schubert, alle um Einsamkeit, Unbehaustheit, Fremdsein kreisend, behielten das letzte Wort mit Schumanns Abendlied. "Wirf ab, Herz, was dich kränket und was Dir bange macht." Ein Liederabend als Sternstunde in einer Programmdramaturgie, die ins Herz schneidet. (klaba, 5.8.2022)