Die freie Szene fordert gerechte Enlohnung.

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Rund 104 Millionen Euro gibt das Land Tirol jährlich für Kultur aus, das sind rund drei Prozent des Landesbudgets. Der Löwenanteil fließt traditionell in die landeseigenen Kulturtanker Landestheater, Landesmuseen, Festspiele Erl und Festwochen der Alten Musik. An freie Kulturinitiativen gingen 2020 knapp 1,3 Millionen Euro, das sind 1,25 Prozent der gesamten Kulturausgaben.

Zu wenig, befindet die freie Szene seit Jahren und fordert im aktuellen Landtagswahlkampf eine Aufstockung der Mittel um "mindestens fünfzig Prozent". Die Gesamtausgaben für Kultur seien seit 2006 zwar kontinuierlich gestiegen, gleichzeitig sei aber der Topf, aus dem auch die freie Szene gefördert werde, immer kleiner geworden, kritisiert Helene Schnitzer von der Interessenvertretung Tiroler Kulturinitiativen (TKI).

Gemeint sind die frei zu vergebenden Fördermittel, sogenannte Ermessensausgaben. Sie betrugen 2006 rund 21 Millionen Euro, im Jahr 2020 nur mehr knapp 17 Millionen Euro, rechnet Schnitzer vor.

Verteilungskampf

In der Kulturabteilung des Landes spricht man hingegen von einem Anstieg, jedenfalls seit dem Jahre 2009. Der Blick in die Statistik verrät anderes: Noch 2019 lagen die Ermessensausgaben unter jenen von 2009, tatsächlich gestiegen sind sie ab dem Pandemiejahr 2020.

Der Verteilungskampf um die Kulturgelder dürfte sich jedenfalls zuspitzen, zu den Langzeitfolgen der Pandemie kommen Rekordinflation und Energiekrise, die TKI wünscht sich deshalb ein akutes "Maßnahmenpaket gegen die Teuerung". Andernfalls sei es auch nicht möglich, Fair-Pay-Ziele zu erreichen, sagt Schnitzer.

Was die faire Bezahlung von Kulturarbeit betrifft, steht nun aber auch das Land in der Kritik: Konkret geht es um die Tiroler Kulturservicestelle, eine Einrichtung des Landes, die Kulturveranstaltungen an Schulen organisiert und finanziert. Die Honorare würden aber weit unter den von der IG Autorinnen Autoren empfohlenen Mindesttarifen (zum Beispiel 380 Euro für eine Einzellesung) liegen, sagt die Tiroler IG-Sprecherin Siljarosa Schletterer.

Auf Nachfrage des STANDARD nennt die Kulturservicestelle Zahlen: Demnach bekommen Schriftstellerinnen und Schriftsteller 60 bis 120 Euro für eine Lesung an Schulen, je nachdem, ob sie aus Tirol oder von "auswärts" kommen.

Zur Sprache kam das Thema neben aktuellen Streitfragen wie Tourismusabgabe und Landhaus-Wettbewerb (der STANDARD hat berichtet) unlängst im Rahmen einer Podiumsdiskussion über Kulturpolitik.

ÖVP-Kulturagenden

Das Kulturnetzwerk Battlegroup for Art hatte die wahlwerbenden Parteien dazu eingeladen, die Mehrheit der entsandten Vertreterinnen und Vertreter gab allerdings zu Protokoll, "eigentlich nicht für Kultur zuständig" zu sein.

Die Kulturagenden liegen in Tirol traditionell bei der ÖVP und blieben dort zuletzt auch vom grünen Regierungspartner weitgehend unangetastet. Bessere Arbeitsbedingungen für Kunst- und Kulturschaffende stehen vor der Wahl auf fast allen Parteizetteln, Neos und ÖVP wollen den Kulturtourismus fördern. Die Liste Fritz übt einmal mehr Kritik an der "Millionenförderung" für die Festspiele Erl trotz gerichtlich bestätigter arbeitsrechtlicher Verstöße in der Vergangenheit.

Die Tiroler Freiheitlichen, die sich laut eigenen Angaben Chancen auf den Landeshauptmannsessel ausrechnen, sehen woanders Einsparungspotenzial: Subventionen für "ideologische Kunst wie die feministische oder queere Kunst" sollen laut blauem Wahlprogramm "gänzlich gestrichen" werden.

Vermehrt fördern wollen die Freiheitlichen dagegen "Volkskultur und Volkskunst aller Art". (Ivona Jelcic, 17.9.2022)