Die Uni Wien – im Bild ist das Audimax zu sehen – hat nach der Budgetrede des Finanzministers als Reaktion auf die drohende Finanznot einen Ausschreibungsstopp bis Februar verhängt.

Foto: Uni Wien / Franz Pfluegl

Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) hat eine Neudefinition des Krisenslogans "Whatever it takes" angekündigt. Die im Laufe der Pandemie rhetorisch überstrapazierte und finanziell überdehnte Übersetzung als "Koste es, was es wolle" ist mittlerweile ja vor allem in der Vulgärausprägung als "Gießkanne" für alles und alle im Einsatz. Brunner will dieses Prinzip nun, so verkündete er bei seiner Budgetrede, als "Das Notwendige zur Verfügung stellen" interpretieren. Gut so und richtig!

Hätte er sich nur daran gehalten. Für die Universitäten gilt das nämlich augenscheinlich nicht. Sie sind der blinde Fleck im Budget. Da wird keine offenkundige Not gewendet, sondern sehenden Auges akute Zukunftsnot provoziert und produziert. Anders ist die zynische Ignoranz, mit der die lange im Vorfeld abgesetzten Hilferufe der Hochschulen von der Regierung im neuen Budget übergangen wurden, nicht zu erklären.

Immerhin, Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) will eruieren, "ob und inwieweit hier in der Entwicklung der Verhandlungen etwas übersehen wurde". Das könnte zum Rettungsanker werden. Wenngleich die Frage bleibt: Wie, bitte, kann man das Offensichtliche übersehen?

Immer wieder überhörte Hilferufe

Die Universitätenkonferenz schlug im April Alarm, dass das fixe Dreijahresbudget bis 2024 von der extremen Inflation quasi kannibalisiert wird. Damals betrug der Fehlbetrag 475 Millionen Euro, im Juli ging es schon um eine halbe Milliarde und im September klaffte im Unibudget eine inflationsbedingte Lücke von 1,2 Milliarden Euro. Das kann nur übersehen, wer es nicht sehen will – oder dem die Tragweite des Problems nicht bewusst ist. Beides wäre tragisch.

Die jetzt zugesagten 500 Millionen Euro decken nicht einmal die Hälfte der akuten Inflationskosten für den Basisbetrieb der Unis ab, also Energie, Miete, Personal. Verbesserungen und Innovationen im Studienbetrieb, strukturell oder personell, sind so unmöglich. Dabei ist doch bekannt, dass es sich bei Investitionen im Bildungsbereich – das gilt auch für das ambitionslose Schulbudget – um Geld handelt, das in besonderer Weise aktiv oder produktiv ist. Es wirft später Zinsen ab. In Bildung investieren heißt, der Zukunft Luft verschaffen.

Jetzt schnürt man sie den Unis ab. In anderen Politikfeldern war das anders. Beim Verteidigungsbudget etwa wurde nach dem Prinzip der politischen Vorsorge, die über kurzfristige Krisenbewältigung hinausblickt, gehandelt – und das Notwendige zur Verfügung gestellt. Es ist also vor allem eine Sache des Wollens.

Das Recht auf ordentliche Studienbedingungen

An den Unis versucht derzeit eine Kohorte erfolgreich zu studieren, die teilweise schon die Hälfte ihres ganzen Studiums ausschließlich im Corona-Modus absolvieren und pandemiebedingt auf unglaublich viel verzichten musste. Diese jungen Menschen haben ein Recht auf bestmögliche Bedingungen, denn sie werden das jetzt vertagte Schuldenproblem einmal ausbaden müssen. Um sie dafür zu rüsten, brauchen die Unis angemessene Mittel. Sie dürfen in dieser Notlage nicht alleine gelassen werden, in der sie entscheiden müssen, ob sie sich erhellende Vortragende oder doch nur die Beleuchtung im Hörsaal leisten können.

Wer die Universitäten jetzt nicht ordentlich finanziert, gefährdet ihre und unser aller Zukunft und Wohlstand, weil man ihnen damit das Licht ausdreht. Dann wird es richtig düster in diesem Land. Wir brauchen nämlich nicht nur gefüllte Gasspeicher. Vor allem unsere Wissensspeicher müssen wir aufladen. (Lisa Nimmervoll, 21.10.2022)