Dieter Bornemann, Vorsitzender des ORF-Redaktionsrats.

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Wien – Der ORF-Redaktionsausschuss hat in seiner Herbsttagung einstimmig eine Resolution beschlossen, in der ein "Neustart mit Journalistinnen und Journalisten an der Spitze der Redaktionen, die ohne parteipolitische Punzierung die Glaubwürdigkeit der ORF-Berichterstattung wiederherstellen können", gefordert wird. Ein "Weiter wie bisher" sei "nicht akzeptabel". Der ORF-Redaktionsausschuss besteht aus den Redaktionsprecherinnen und Redaktionssprechern aus allen Bereichen (Radio, TV, Online, Teletext und Landesstudios).

Die Ereignisse der vergangenen Woche würden "ein furchtbares Bild auf den ORF und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter" werfen. Man sage daher in aller Deutlichkeit: "Die ORF-Journalistinnen und ORF-Journalisten liefern jeden Tag saubere und unabhängige Berichterstattung. Das soll und darf nicht durch Ausnahmen entwertet werden. Wir wehren uns gegen jede Form der politischen Einflussnahme, egal von welcher Seite sie kommt."

Die Redaktionsvertretung fordert gesetzliche Regelungen in drei Bereichen:

1. Gremien

Das Bundesverfassungsgesetz über die "Sicherung der Unabhängigkeit des Rundfunks" sehe die "Unabhängigkeit der Personen und Organe" vor. Auch wenn einzelne Mitglieder des Stiftungsrats versuchen würden, gute Arbeit zu leisten, und sich für das Wohl des Unternehmens einsetzen – "in Summe lässt die Organisation in parteipolitischen 'Freundeskreisen' schwere Zweifel an der Unabhängigkeit aufkommen". Gefordert wird: "Eine öffentliche Ausschreibung mit klaren Besetzungskriterien für die Position von Stiftungsrät:innen mit einem anschließenden öffentlichen Hearing aller Bewerber:innen. Das würde den Bestellvorgang transparent und nachvollziehbar machen."

2. Digitalisierung

Mit der aktuellen Gesetzgebung sei der ORF "nicht zukunftsfit aufgestellt". Das Gesetz lege "strenge Fesseln an". Neue Formate für das Internet oder die digitale Verbreitung der Inhalte seien schwer möglich. Vor allem jüngeres Publikum werde man "in Zukunft nur erreichen, wenn wir unsere Inhalte auch 'online-first' und 'online-only' anbieten können".

3. Finanzierung

Die politische Unabhängigkeit der Berichterstattung könne nur durch eine wirtschaftliche Unabhängigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gesichert werden. Es müsse "sichergestellt werden, dass der ORF unabhängig von der Politik finanziert wird. Welche künftige Finanzierungsform auch gewählt wird: Sie muss wertgesichert sein und darf nicht ein verdecktes Abwürgen von Sendern und Programm über den Umweg der hohen Inflation bedeuten."

Weiters müsse sichergestellt werden, "dass es eine möglichst partei- und regierungs-unabhängige Form der Finanzierung ist. Jede künftige Finanzierungsform muss nachhaltig dafür sorgen, dass der ORF für seinen öffentlich-rechtlichen Programmauftrag – also Information, Kultur, Sport und Unterhaltung – ausreichend Mittel zur Verfügung hat." (red, 16.11.2022)