Grace Bumbry bei einem Auftritt in der Fernsehserie "Mein lieber Schwan" 1965.

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Wien – Sie gehörte zu den legendären Opernsängerinnen des 20. Jahrhunderts. Am Sonntag ist die große Grace Bumbry im Alter von 86 Jahren in ihrer Wahlheimat Wien verstorben. Dies teilte ihr Adoptivsohn David Brewer der APA mit. Nachdem Grace Bumbry im Vorjahr einen Schlaganfall in New York erlitten hatte, wurde sie im Dezember wieder nach Wien geflogen. Hier verstarb die Sopranistin, die ihre Karriere als Mezzo begonnen hatte, nun im Krankenhaus.

Grace Bumbry soll nun eingeäschert und ihre Urne in ihrer Geburtsstadt St. Louis beigesetzt werden, wo sie am 4. Jänner 1937 das Licht der Welt erblickt hatte. Allerdings möchte David Brewer den Wegbegleitern und Freunden der großen Sängerin die Gelegenheit zur Verabschiedung geben. Demnach könnte es Gedenkveranstaltungen in Wien, New York und St. Louis geben, wobei ihm für die österreichische Bundeshauptstadt der Stephansdom vorschwebe, so Brewer. Schließlich hatte Bumbry eine enge Bindung an Wien, das sie zur Wahlheimat erkoren hatte.

Besondere Premiere in Bayreuth

Aufgewachsen war Bumbry allerdings abseits der großen Klassiktempel in St. Louis als Tochter einer ehemaligen Lehrerin und eines Eisenbahnfrachtabfertigers. Bereits im jungen Teenageralter kristallisierte sich das stimmliche Talent der Künstlerin heraus. Ihre große internationale Karriere startete die US-Amerikanerin allerdings 1961 in Bayreuth, als sie als erste schwarze Sängerin in Bayreuth debütierte.

Bumbry während einer Probe in der Rolle der Venus in der Wagner-Oper 'Tannhäuser' im Mai 1964 in der Deutschen Oper Berlin.
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Die "Tannhäuser"-Premiere wurde umjubelt und Bumbry mit dem heute etwas zwiespältig klingenden Titel der "schwarzen Venus" von den Medien bedacht. Die vor der Bayreuth-Premiere aufflammende Kritik ob ihrer Hautfarbe schob Bumbry damals beiseite. "Ich habe mir einen Schutzmantel übergezogen", meinte sie später. Nicht zuletzt wurde die Afroamerikanerin damit aber auch zur Vorreiterin für zahlreiche Berufskolleginnen, die ihr in der Opernwelt nachfolgen sollten.

Opernwelt erobert

In den 60ern eroberte Bumbry folgend praktisch alle großen Opernbühnen der Welt – von der Londoner Royal Opera bis zur Scala in Mailand, von der New Yorker Met bis zur Wiener Staatsoper, wo sie 1964 erstmals zu hören war und 50 Mal in verschiedenen Partien ihr Publikum begeisterte.

Und nicht zuletzt war Grace den Salzburger Festspielen eng verbunden. Hier war sie unter Herbert von Karajan als temperamentvolle Carmen zu erleben. Bei den Proben zeigte sich der Stardirigent und Autoliebhaber einst irritiert über den Lamborghini der jungen Sängerin – bis sie ihn einmal eine Runde damit fahren ließ. "Danach waren wir gute Freunde", erzählte sie später.

Stimmfach gewechselt

Nachdem Bumbry die im Mezzofach angesiedelte Hauptrolle in Bizets "Carmen" oft gesungen hatte, machten sich allerdings Stimmprobleme bemerkbar. Und Bumbry gelang auf Anraten der Ärzte das seltene Kunststück, das Stimmfach zu wechseln und sich in der höheren Lage weiterhin einen Namen zu machen. Anstelle der Amneris in "Aida" oder der Lady Macbeth in "Macbeth" sang Bumbry fortan die Salome oder die Jenufa.

Bumbry sitzt auf der Stoßstange ihres Rolls Royce. Das Datum der Bildaufnahme ist unbekannt.
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Als sich Bumbry schließlich im bereits reifen Alter von der Opernbühne zurückzog, nachdem sie noch 2013 als Gräfin in Tschaikowskys "Pique Dame" an der Staatsoper zu hören gewesen war, gab sie ihr Wissen an die jüngere Generation weiter. Zu ihrer eigenen Studienzeit habe man sich noch mehr dafür interessiert, wie die Stimme eigentlich funktioniere. "Die heutigen Sänger wollen jemanden finden, den sie kopieren können", meinte sie einst kritisch im dpa-Interview.

Zahlreiche Auszeichnungen

Dieses unbedingte Können und Engagement ist nicht nur auf zahlreichen Einspielungen dokumentiert. Auch wurden Grace Bumbry im Laufe ihres Lebens zahlreiche Auszeichnungen zuteil. In Italien wurde ihr der renommierte Premio Giuseppe Verdi verliehen, während Frankreich sie 1996 zum Commandeur des Ordens des Arts et des Lettres machte. 2009 verlieh ihr der damalige US-Präsident Barack Obama den Preis des Kennedy Centers in Washington D.C. für ihr Lebenswerk, und 2017 konnte sich die Sängerin über die Lebenswerkehrung im Rahmen des Österreichischen Musiktheaterpreises freuen. (APA, 8.5.2023)