Fehler bei der Arbeit passieren. Vor Gericht landen sie vor allem im Zusammenhang mit darauffolgenden Kündigungen oder Entlassungen. Sehr viel seltener führen sie zu Schadenersatzprozessen.

Finger auf
Jemand drückt auf "Senden" und erreicht damit 800 Personen, die der Inhalt der E-Mail gar nichts angeht. Was sind die arbeitsrechtlichen Konsequenzen?
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Wer bei der Arbeit patzt, wird normalerweise nicht sofort gekündigt oder entlassen. Wenn der Fehler allerdings schwer ist oder wenn kleinere Fehler wiederholt passieren, kann die Beendigung der Zusammenarbeit sehr wohl im Raum stehen. Reicht es dafür, dass eine vertrauliche E-Mail an Personen versandt wird, die sie nichts angeht?

Verklickt und entlassen

Als Entlassungsgrund können Untreue oder Vertrauensunwürdigkeit (§ 27 Z. 1 AngG) einschlägig sein. Sie liegen vor, wenn das Fehlverhalten das Vertrauen von Arbeitgeber:innen so schwerwiegend erschüttert, dass eine Zusammenarbeit nicht einmal mehr während der Kündigungsfrist zumutbar ist. Für Untreue muss ein:e Arbeitnehmer:in bewusst und damit vorsätzlich gegen die Interessen des Unternehmens verstoßen. Das ist bei irrtümlichem Versenden von E-Mails nicht der Fall, wohl aber bei bewusstem Geheimnisverrat. Sehr viel wahrscheinlicher ist hier die Entlassung wegen Vertrauensunwürdigkeit, weil dafür Fahrlässigkeit reicht, vor allem wenn schon früher massive Schlampereien passiert sind. Entlassungen müssen unverzüglich ausgesprochen werden.

Schranken der Kündigung wegen Fehlleistungen

Arbeitgeber:innen, die nach einem derart folgenreichen Fehler mit der Person nicht mehr zusammenarbeiten wollen, steht freilich statt einer Entlassung die Kündigung offen (im Fall eines besonderen Kündigungsschutzes – etwa bei Betriebsratsmitgliedern oder wegen Elternteilzeit – allerdings stark eingeschränkt). Nur wenn Mitarbeiter:innen die Kündigung besonders hart trifft, also vor allem bei schlechten Jobaussichten, droht ein Kündigungsanfechtungsverfahren wegen Sozialwidrigkeit (§ 105 Abs. 3 Z. 2 Arbeitsverfassungsgesetz), das Arbeitgeber:innen nur bei Vorliegen fundierter Kündigungsgründe gewinnen können.

Zu den personenbezogenen Kündigungsgründen zählen auch Minder- und Fehlleistungen, mangelnde Eignung und Motivation. Einmalige Fehler werden die Kündigung eines älteren und langgedienten Mitarbeitenden selten rechtfertigen können. Handelt es sich aber nicht um den ersten Vorfall, und haben auch Kritikgespräche nichts genützt, kann eine derartige Kündigung vor Gericht durchaus halten. Auch hier muss ein gewisser zeitlicher Zusammenhang zwischen Kenntnis vom Fehler und Kündigungsausspruch bestehen. Monate später, in denen sonst nichts passiert ist, lässt sich eine Kündigung aus diesem Grund schwer begründen.

Schadenersatz für Arbeitsmängel

Nicht ohne Grund werden Mitarbeitende selten zur Zahlung von Schadenersatz verurteilt. Das liegt am Dienstnehmerhaftpflichtgesetz, das die Haftung für Fehler bei der Arbeit einschränkt. Das Betriebsrisiko soll bei den Unternehmer:innen bleiben. Nur bei vorsätzlicher Schädigung müssen Arbeitnehmer:innen den vollen Schaden wiedergutmachen. Je nach Grad der Fahrlässigkeit wird der Schadenersatz gemindert, unter Umständen sogar ganz erlassen.

Maßgeblich ist, welche Verantwortung mit der Position verbunden und ob die Bezahlung dafür angemessen ist, weiters die Ausbildung und die Arbeitsumstände. Verhindern Arbeitgeber:innen beispielsweise nicht, dass über die Höchstgrenzen der Arbeitszeit hinaus gearbeitet wird, trifft sie ein Mitverschulden, und das Unternehmen muss einen Teil des Schadens jedenfalls selber tragen.

Welcher Schaden?

Als Erstes jedoch muss überhaupt erst ein Schaden eintreten, der in Geld bewertbar ist. Die möglichen Folgen fehlgeleiteter E-Mails sind vielfältig: Häufig wird der Vorfall für das Unternehmen schlicht peinlich sein, oft verbunden mit einem (meist schwer bezifferbaren) Imageschaden. Wenn ein:e Kund:in wegen Vertrauensverlusts die Geschäftsbeziehung abbricht, wenn die versandte E-Mail zu einem ungewollten Vertrag führt oder wenn wertvolle Betriebsgeheimnisse verraten werden, wird es schon konkreter und ein Schaden bezifferbar und damit ersatzfähig. (Kristina Silberbauer, 9.10.2023)