Die Ärztekammer hat eine millionenschwere Kampagne gegen die vom Bund geplante Gesundheitsreform angekündigt. Diese wird nach dem Kompromiss nun gestoppt. Auch die angedrohte Kündigung des Gesamtvertrags ist demnach vom Tisch.
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Die Rede ist von einem "guten" und "brauchbaren" Ergebnis. So fasste die Ärztekammer den Kompromiss zur Gesundheitsreform zusammen. Dabei hatte die ärztliche Interessenvertretung, die gegen die geplanten Änderungen in den vergangenen Wochen Sturm lief, Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) noch vor wenigen Tagen als "Totengräber des solidarischen Gesundheitssystems" tituliert. Davon war am Mittwoch keine Rede mehr – obwohl die Kammer durch die Reform in Teilbereichen entmachtet wird. Auf der Habenseite konnte Ärztekammer-Präsident Johannes Steinhart etwa die Rücknahme der geplanten Wirkstoffverschreibung für sich verbuchen.

Die Gesundheitsreform ist mit dem Finanzausgleich verbunden, den Bund, Länder und Gemeinden ausgehandelt haben. Die Reform, die Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) als "Pakt für die Zukunft" bezeichnet, umfasst 60 Seiten rechtlicher Änderungen. Sie ist laut Einschätzung der türkis-grünen Regierung die größte seit mehr als 20 Jahren. Sein Kernanliegen sei es gewesen, die Versorgungssituation der Patientinnen und Patienten zu verbessern, sagt Rauch. Dieses Ziel sieht er trotz der Last-Minute-Zugeständnisse an die Ärztekammer erreicht. Die Punkte im Überblick:

Ad acta gelegt wurden hingegen auf Druck der Kammer die Pläne, wonach Ärztinnen und Ärzte statt eines Arzneimittels im Regelfall nur mehr einen Wirkstoff verschreiben können. Vom Tisch ist auch, dass es bei den Verhandlungen zwischen Kammer und Sozialversicherung zu einem bundesweit einheitlichen Gesamtvertrag kein Enddatum für den Abschluss mehr gibt. Zudem kann die Gesundheitskasse (ÖGK) auch künftig keine Einzelverträge mit Ärzten abschließen.

Finanzminister Magnus Brunner, Kanzler Karl Nehammer (beide ÖVP), Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne)
"Pakt für die Zukunft": Die Regierung verkündet die größte Gesundheitsreform seit zwei Jahrzehnten.
APA/BKA/FLORIAN SCHRÖTTER

Ärztekammer ortet noch "Gesprächsbedarf"

Angesichts der gestrichenen Einspruchsrechte ortet die Ärztekammer aber noch "Gesprächsbedarf". Die Warnung vor dem Einfall gewinnorientierter Konzerne bleibe aufrecht, doch die Mittel sind nun andere. An sich hatte die Kammer zehn Millionen Euro für eine Kampagne gegen die Reform genehmigt. Diese Aktivität wird nun gestoppt: Es seien "keine weiteren Ausgaben" geplant, hieß es zum STANDARD. Keine Antwort gab es auf die Frage, wie viel bereits ausgegeben wurde.

ÖGK mit sanfter Kritik an Teilen der Reform

Die Reform sei zwar "gut", urteilt ÖGK-Obmann Andreas Huss, er kritisiert aber die Zugeständnisse an die Kammer. Als Folge sei der Abschluss der Verhandlungen über einen einheitlichen Gesamtvertrag "auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben". (David Krutzler, Gudrun Springer, 23.11.2023)