Brüssel – Die Europäische Kommission hat vorgeschlagen, Agrarimporte aus der Ukraine zu begrenzen, um die europaweiten Bauernproteste einzudämmen. Die 2022 wegen des russischen Angriffs beschlossene Aussetzung der Einfuhrzölle auf ukrainische Exporte soll zwar um ein Jahr bis Juni 2025 verlängert werden, einzelne Agrarprodukte wie Geflügel, Eier und Zucker müssen aber künftig verzollt werden, wenn die Ukraine davon mehr als in den Jahren 2022 und 2023 exportiert.

Außerdem soll es EU-Mitgliedern erlaubt werden, vorübergehend Maßnahmen zu ergreifen, wenn sie befürchten, dass Agrarimporte ihre Märkte stören könnten. Darüber hinaus soll ab 2024 die Verpflichtung, einen Mindestanteil der Ackerflächen von vier Prozent brachliegen zu lassen, aufgehoben werden. Die Zollfreiheit für Moldau wird ebenfalls um ein Jahr verlängert: Bis Ende Juli 2025 sollen keine Zölle auf landwirtschaftliche Produkte erhoben werden.

Das Europäische Parlament und die Regierungen der Mitgliedsstaaten müssen dem Kommissionsvorschlag noch zustimmen. Besonders die EU-Nachbarstaaten der Ukraine – Bulgarien, Ungarn, Polen, Rumänien und die Slowakei – klagen über den Import billiger Agrarprodukte, der die Existenz ihrer Landwirtschaft gefährde.

Festnahmen in Frankreich

Auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron fordert angesichts der Bauernproteste, Agrarimporte aus der Ukraine zu begrenzen. Laut Polizeiangaben schafften es am frühen Abend mehrere protestierende Bauern, kurz in den Pariser Frischmarkt Rungis einzudringen, berichtet Le Parisien. Sie konnten abgedrängt werden, 78 Personen wurden festgenommen. Laut "Le Monde"-Ticker hat Innenminister Gérald Darmanin angeordnet, gepanzerte Fahrzeuge zur Auflösung von Blockaden einzusetzen. In Belgien blockierten Bauern unter anderem Zufahrtsstraßen zum Container-Hafen Zeebrügge.

Darmanin erklärte, die Proteste seien legitim, nach Paris, zu den Hauptstadtflughäfen oder in den Großmarkt Rungis vorzudringen seien aber rote Linien. Dem Innenminister zufolge demonstrierten etwa 10.000 Bauern gegen sinkende Einnahmen, EU-Umweltvorschriften und ihrer Meinung nach überbordende Normen. Insgesamt verzeichneten die französischen Behörden etwa 100 Blockaden.

Gepanzerte Polizeifahrzeuge vor dem Großmarkt Rungis
Vor dem Großmarkt Rungis fahren gepanzerte Polizeifahrzeuge auf.
AP/Christophe Ena

Auch in weiteren europäischen Ländern gab es bereits ähnliche Aktionen, etwa in Polen und Rumänien. Spaniens Bauern haben erklärt, sich der Bewegung anzuschließen. 1000 italienische Landwirte wiederum haben angekündigt, an für Donnerstag in Brüssel geplanten Protesten mitzumachen. In der belgischen Hauptstadt findet am Donnerstag der EU-Gipfel statt.

Ein Polizei-Bagger vor dem Großmarkt Rungis
REUTERS/SARAH MEYSSONNIER

Es herrsche ein breiter Konsens innerhalb der EU-Kommission, dass man die Zölle für die Ukraine niedrig halten wolle, um das Land zu unterstützen, sagte Kommissionsvizepräsident Margaritis Schinas auf einer Pressekonferenz am Mittwoch. Die Importe seien eine wichtige Einkommensquelle für die Ukraine, auch um den Krieg gegen Russland zu finanzieren. (bed, 31.1.2024)

Bauernprotest in Chateauneuf-sur-Loire bei Orleans
Bauernprotest in Chateauneuf-sur-Loire bei Orleans.
AFP/ALAIN JOCARD