Nach jahrelangen Bauarbeiten werden am Donnerstag auf den zu Mauritius gehörenden Agaléga-Inseln eine drei Kilometer lange Landebahn und ein moderner Pier eröffnet. Doch wofür werden die zwei gerade einmal rund 330 Einwohner zählenden Inseln mitten im Indischen Ozean mit solch überdimensionierten Infrastrukturanlagen ausgestattet?

Zu den Einweihungsfeierlichkeiten am Donnerstag reist der mauritische Regierungschef Pravind Jugnauth mit dem Flugzeug an, der indische Premierminister Narendra Modi nimmt ebenfalls an der Zeremonie teil, jedoch nur virtuell. Dennoch zeigt dies die Bedeutung des Projekts und unterstreicht die Tragweite der mauritisch-indischen Kooperation, über die von offizieller Seite bisher erst wenig Konkretes bekanntgegeben wurde.

Abkommen

Mauritius hat im Jahr 2015 ein Abkommen mit Indien unterzeichnet, das es der südasiatischen Regionalmacht ermöglicht, auf Agaléga Fuß zu fassen. Während indische Medien berichteten, dass Port Louis Neu-Delhi das Gebiet mehr oder weniger abgetreten habe und Indien sich hier einen militärischen Stützpunkt errichten könne, um seine Machtposition in der Region abzusichern und auszubauen, hat die mauritische Regierung dies stets dementiert.

Das Abkommen umfasst verschiedenste Themenbereiche wie die Überwachung einer 2,3 Millionen Quadratkilometer umfassenden ausschließlichen Wirtschaftszone, die Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung der Region und Unterstützung in Notfällen wie bei Such- und Rettungseinsätzen und bei Katastrophen. Aber vor allem sicherheitspolitische Punkte werden in dem Abkommen geregelt: So sollen Piraterie, Terrorismus, Drogen- und Menschenhandel ebenso bekämpft werden wie Wilderei und illegale Fischerei. Mauritius hat keine eigene Armee und ist daher selbst nicht in der Lage, diese Aufgaben entsprechend zu erfüllen.

Indische Finanzierung

Die Projekte wurden mit indischer Finanzierung vom indischen Konzern Afcons Infrastructure durchgeführt. Neben der Landebahn und der Hafenanlage werden auch kleinere Projekte eingeweiht, die der lokalen Entwicklung dienen sollen. So wird eine Bibliothek geschaffen, die die Nordinsel mit Computern und IT-Infrastruktur versorgen soll. Ebenso wurde ein Geschäft zur Versorgung der Bevölkerung auf der Nordinsel errichtet, die auch einen Mehrzweck-Veranstaltungsraum erhält. Auf der Südinsel wurden für die Verwaltung Büroräumlichkeiten geschaffen, auf beiden Inseln wurden bei den Bootsanlegestelle Kioske errichtet. Die dafür von Indien aufgewendete Summe beläuft sich umgerechnet auf rund 1,9 Millionen Euro. Von mauritischer Seite wurden von der dem Büro des Premierministers unterstehenden Outer Islands Development Corporation (OIDC) zwei weitere Projekte durchgeführt, nämlich die Errichtung eines Hangars für die Fahrzeuge der OIDC und die Beschaffung eines Schiffes für den Waren- und Personenverkehr zwischen der Nord- und der Südinsel.

Einwohner besorgt

Seitens der Einwohner herrscht Skepsis über die künftige Entwicklung ihrer beschaulichen Inseln am Ende der Welt. Sie sorgen sich über die Auswirkungen auf das alltägliche Leben und sehen eine Bedrohung der einheimischen Kultur und der lokalen Kreolsprache. Diese Sorgen konnten auch nicht durch Informationskampagnen der Regierungsbehörden zerstreut werden. Schließlich besteht die Befürchtung, dass Indien nun das Kommando auf den Inseln übernimmt. Damit wäre es mit der Selbstbestimmung vorbei.

Dennoch wurden bereits am Dienstag die ersten eintreffenden Gäste auf dem neuen Pier neugierig empfangen – schließlich bedeuten die Vorbereitungen der Einweihungszeremonie ein erhöhtes Verkehrsaufkommen: An Bord der Mauritius Trochetia, einem Schiff für Fracht und Passagiere, erreichten neben Mitarbeitern der OIDC auch Journalisten, Polizei- und Feuerwehreinheiten und medizinisches Personal Agaléga. Ebenfalls mit dem Schiff kam das zuständige Personal für die Feierlichkeiten und das Catering an. An Bord der Trochetia musste auch das gesamte benötigte Material herangeschafft werden – die technische Ausrüstung für die Liveübertragung ebenso wie Fahrzeuge der Special Mobile Force der Polizei, die für die Sicherheit der Veranstaltung sorgen soll. Auch Festdekorationen, rote Teppiche, Zelte und Geschirr sind im Gepäck mit dabei.

Narendra Modi empfing im vergangenen September seinen Amtskollegen Pravind Kumar Jugnauth in Neu-Delhi.
AFP/PIB/-

Regierungsdelegation

Am Dienstag kam auch die MCGS Barracuda auf Agaléga an, ein Patrouillenschiff der mauritischen Küstenwache, das der Inselstaat im Jahr 2014 von Indien erworben hatte. Zusätzlich landete auch noch eine Turboprop-Maschine des Typs ATR 72 der Air Mauritius mit diversen Funktionsträgern auf dem neuen Flugfeld.

Jugnauth wird Donnerstagvormittag nach Agaléga fliegen, begleitet von mehreren Ministern, dem Vizepremier Anwar Husnoo und den beiden Oppositionsabgeordneten Ehsan Juman und Aadil Ameer Meea, zu deren Wahlkreis auf Mauritius auch Agaléga zählt. Die Abgeordneten hatte jahrelang darum ersucht, Agaléga besuchen zu dürfen, und erhalten nun erstmals die Möglichkeit des direkten Kontaktes mit ihren Wählern.

Zunächst wird nach der Landung Jugnauths, die für etwa 8 Uhr MEZ erwartet wird, die Landebahn eingeweiht, dann soll Modi eine Videoansprache halten. Am Nachmittag erfolgt die Eröffnung des St.-James-Piers in La Fourche, danach werden im Hauptort Vingt-Cinq das Gemeinschaftszentrum und die Bibliothek eingeweiht und Geschenke an die Bevölkerung verteilt. Der Tag wird mit einer Kulturshow abgeschlossen. Am Freitag soll Jugnauth auf der Südinsel im Ort Sainte-Rita einen Baum pflanzen und das Mehrzweckverwaltungszentrum einweihen. Einem Mittagessen am Strand folgt ein Sportturnier mit Volleyball, Fußball und Pétanque. Der Tag soll mit einer Presseerklärung des Premiers beendet werden, der am Samstag wieder nach Mauritius zurückfliegt.

Die mehrtägige Veranstaltung bedingt auch, dass die zahlreichen Gäste Übernachtungsmöglichkeiten benötigen – ein schwieriges Unterfangen auf den nicht dafür ausgelegten Inseln. Ein Teil wird daher auf der Trochetia einquartiert, für andere wurden improvisierte Quartiere geschaffen. Für den Premierminister wurde eigens für die Feierlichkeiten eine Residenz eingerichtet. (Michael Vosatka, 28.2.2024)