Zum Auftakt der Klubklausur im Burgenland war der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig gut gelaunt. Seinen Premierenauftritt absolvierte SPÖ-Chef Andreas Babler. Arbeiterkammerpräsidentin Renate Anderl nutzte ihre Rede, um für eine Arbeitszeitverkürzung zu werben.
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Politik ist immer auch Inszenierung. Da ist die alljährliche Klubklausur der Wiener SPÖ, die diesmal am Dienstag und Mittwoch wieder im burgenländischen Frauenkirchen stattfindet, keine Ausnahme. Das rote Treffen in den Tagungsräumen der St.-Martins-Therme bot auch eine Premiere: Erstmals war SPÖ-Chef Andreas Babler mit dabei. Er verzichtete aber darauf, sich zum Auftakt des Treffens direkt an der Seite von Bürgermeister Michael Ludwig zu den Klängen von Fleetwood Macs "Don't Stop" auf der Bühne von den Mandatarinnen und Mandataren beklatschen zu lassen. Arbeiterkammerpräsidentin Renate Anderl, die sich aktuell im Wahlkampf befindet, zog hingegen mit Ludwig ein.

Video: Wiener SPÖ trifft sich zur Klubtagung im Burgenland.
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Einen möglichen Zwist mit der Wiener Landespartei wischte Babler aber beiseite. Er bedankte sich in seiner Rede für die "sehr nette Einladung" und rollte Ludwig den roten Teppich aus: "Es gibt schon einen Grund, warum Wien die lebenswerteste Stadt der Welt ist. Der heißt SPÖ." In Wien werde Politik so verstanden, dass man Lebensrealitäten verbessern möchte, etwa beim Thema leistbares Wohnen. Schnell schwenkte Babler aber zu heftiger Kritik an der türkis-grünen Bundesregierung um, die nur eine Mangelverwaltung betreibe – bei den Lehrerinnen und Lehrern, bei Ärztinnen und Ärzten, bei der Pflege. "Es gibt einen einzigen Bereich, wo es keine Mangelverwaltung gibt: Das ist die hohe Inflation." Babler sprach von explodierenden Mietpreisen sowie Teuerungen bei Energie oder Lebensmitteln, die der Bund nicht in den Griff kriege.

Kampf gegen Erderhitzung "höchste Priorität"

Weiteres Schwerpunktthema seiner Rede war die Erderhitzung: Dem Kampf dagegen sei "höchste Priorität" einzuräumen, sagte Babler nicht zum ersten Mal. "Das ist nicht etwas, was wir verschieben können." In Wien werde daran gearbeitet, einen notwendigen Maßnahmenkatalog abzuarbeiten. Die Bundesregierung kümmere sich hingegen nicht darum: So sei diese seit mittlerweile mehr als 1.000 Tagen ein Klimaschutzgesetz schuldig. Maßnahmen müssten sofort getroffen werden: "Wenn Gletscher jetzt verschwinden, dann kommen sie 2040 auch nicht mehr zurück", sagte er. Die aktuelle türkis-grüne Regierung sei "fertig". Karl Nehammer werde bald "nicht mehr Bundeskanzler sein".

Babler warnt vor "Gefängnis à la Kickl"

Laut Babler muss bei der kommenden Nationalratswahl eine "autoritäre Wende" verhindert werden, er sprach von einer Richtungsentscheidung. "Sobald die Blau-Schwarzen eine Stimme Mehrheit haben, werden sie auch eine Regierung machen", meinte er. Das gelte es zu verhindern. Babler warnte angesichts von "Fahndungslisten", von denen FPÖ-Chef Herbert Kickl sprach, auch vor einem "Gefängnis à la Kickl", das bei einer Machtübernahme der FPÖ drohe. Die SPÖ müsse stimmenstärkste Partei werden. Diese Ansage Bablers wird durch aktuelle Umfragen freilich nicht untermauert. Babler sah sich trotz einiger Misstöne, die er zuletzt auch aus der Wiener Landespartei vernehmen musste, auf einer Linie mit Ludwig. "Ich wünsche euch mit uns gemeinsam große Wahlerfolge", sagte Babler.

Intern Diskussion, nach außen geschlossen

Vollends einig zeigten sich Bürgermeister Ludwig und Babler beim Thema Zusammenarbeit mit der FPÖ. "Wir schließen niemanden aus, außer die FPÖ", sagte Ludwig in seinem Auftritt vor den Delegierten. Die Freiheitlichen hätten ein diametral anderes Bild von der Gesellschaft als die SPÖ, sprach Ludwig etwa den Bereich der Menschenrechte an.

Kritik an Türkis-Grün im Bund kam auch von Ludwig: Die Inflation sei weiterhin hoch, das hänge auch damit zusammen, dass der Bund keinen Gaspreis- oder Mietpreisdeckel umgesetzt habe. In Wien gab es hingegen Maßnahmen wie den Wohnbonus oder den Verzicht auf Mietpreiserhöhung im Gemeindebau.

Auch mögliche interne rote Unstimmigkeiten adressierte Ludwig: Diskussionen seien wichtig, nach außen wolle man aber Geschlossenheit zeigen, formulierte der Stadtchef – wohl auch als Wunsch bei künftigen Streitthemen. Zu einem guten SPÖ-Ergebnis bei den Nationalratswahlen im Bund werde die SPÖ Wien "unseren Beitrag leisten", sicherte Ludwig Babler Unterstützung zu.

Arbeiterkammerpräsidentin Anderl verwies zuvor in ihrer Rede darauf, dass der Druck auf Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer immer größer werde. So könnten sich laut Befragungen mehr als eine Million Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Österreich nicht mehr vorstellen, ihren Job bis zur Pension machen zu können. Anderl verwies darauf, dass eine Arbeitszeitverkürzung weg von der 40-Stunden-Woche notwendiger werde. Das könne nicht überall von heute auf morgen gehen, sagte sie. Aber man müsse darüber sprechen. "Gehen wir es an", sagte sie. (David Krutzler 12.3.2024)