Frau Cornelie hat ein Problem, die Verbindung beim Streaming reißt ständig ab, und 30 Mbit/s sind der Pensionistin nicht mehr genug. Sie lebt im dritten Wiener Gemeindebezirk, im Herzen der Stadt, da muss in puncto Internet-Geschwindigkeit mehr gehen.

Kein Problem für Servicetechniker Ali Uzar. Noch ist er guter Dinge, dass er den Anschluss in der gediegenen Altbauwohnung von Frau Cornelie flott vom Kupferdraht auf ein Glasfaser-Koaxial-Hybridsystem upgraden kann. Noch, denn ganz so einfach sollte es nicht werden.

Das lag nicht nur daran, dass Rodrigo Diehl, der CEO von Magenta, dessen Pressesprecher und ein Redakteur des STANDARD plötzlich im Vorzimmer der Wohnung standen, sondern auch an einem technischen Problem. Irgendjemand hat das Koaxialkabel der bestehenden Installation aus dem Kabelschlauch in der Wand gezogen. Der Internetanschluss wird also doch eine größere Baustelle. Mist.

Egal, Servicetechniker Uzar spult routiniert sein Programm ab, führt den Firmenchef und die restliche Entourage in den zweiten Stock zum Verteilerkasten und erklärt den Aufbau der Inhouse-Verkabelung. Doch warum ist der Chef persönlich bei eigentlich alltäglichen Montageterminen mit dabei? Personalmangel ist es nicht, der Diehl dazu zwingt, dass er selbst Hand anlegen muss. Es ist Powerpoint: "In so einer Präsentation sieht immer alles gut aus. Aber unsere echten Probleme erfährt man nur vor Ort."

Zum Glück hat niemand am Verteiler im Haus herumgepfuscht. Techniker Ali Uzar und Magenta-CEO Rodrigo Diehl schauen trotzdem sicherheitshalber nach.
Traunwieser

Was man dabei lernt? Wie wichtig etwa eine saubere Dokumentation der verlegten Leitungen ist, zum Beispiel. Denn das spart dem Techniker viel Zeit und dem CEO Geld. Wo die Leitungen verlegt sind, kann er über eine eigene App abrufen. Dennoch schnell ein Kontrollblick in den Verteilerschrank an der Straßenecke. Alles passt.

Bis zu zwei Gbit/s dank Docsis 4.0

Kritische Zwischenfrage: Warum Magenta in vielen Bereichen noch immer auf Koaxialkabel setzt? Schließlich läuft die Glasfaserleitung nur bis zum Verteiler, ab dort führen die ursprünglich einmal für Kabelfernsehen gedachten Leitungen in die Wohnhäuser. Die kurze Antwort von Diehl: "Weil die Technologie Gigabit-fähig ist." Das bedeutet, dass Datentransferraten von einem Gigabit pro Sekunde möglich sind. Bei Magenta kommt eine Docsis 3.1 (Data Over Cable Service Interface Specification) zum Einsatz. Dennoch arbeitet das Unternehmen gerade an der Einführung von Docsis 4.0, damit sollen Datentransferraten von bis zu zwei Gigabit oder mehr möglich sein, also das Doppelte der EU-Zielvorgaben bis 2030. Noch heuer soll mit der Implementierung der Technologie begonnen werden, in den kommenden zwei bis drei Jahren sollen schließlich alles bestehenden Koax-Anschlüsse mit dem neuen Standard laufen. Sprich: Wer jetzt einen solchen Anschluss hat, soll doppeltes Gigabit-Internet bekommen.

Kontrollblick: Vom Verteiler aus wird die gesamte Straße versorgt. Wenn hier ein Problem auftritt, hat Techniker Uzar eine größere Baustelle vor sich.
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Auf die Frage, ob derart hohe Übertragungsraten überhaupt von der Kundschaft nachgefragt werden, widerspricht Diehl der gängigen Meinung. Diese besagt nämlich, dass die Kundschaft eher zu günstigeren Tarifen greift, weil die gebotene Leistung ausreicht. Ja, diese Kunden gibt es, so Diehl. Aber ein Großteil buche schon jetzt Datentarife ab 250 Mbit aufwärts, und die Nachfrage nach höheren Datenraten steige laufend. "Es stimmt, die Nachfrage nach einem Gbit/s ist noch eher gering, aber das wird sich bald ändern", so Diehl. Spätestens wenn Augmented- oder Virtual-Reality-Anwendungen dazukommen, würde der Bedarf steigen, ist der CEO überzeugt. Schon jetzt biete man keine Tarife mehr unter 100 Mbit/s mehr an, so der Magenta-Chef.

Neubauten nur noch mit Glasfaser

Magenta setzt ab 2025 bei Neuverlegungen nur noch Glasfaserleitungen ein. Profitieren werden davon vor allem die Randlagen in Wien, sprich im 18., 19. und 23. Bezirk. Die Breitband-Ausbauten in ländlichen Gemeinden finden ohnehin schon mit Glasfaserleitungen statt. Dennoch spielt die Technologie bei dem Provider noch eine große Rolle, sie dürfte aber in nächster Zeit abnehmen. Wenn nur noch Glasfaser etwa bei Wartungsarbeiten eingesetzt wird, sinkt der Anteil an älteren Kabeln weiter und die Distanzen werden kürzer.

Diehl sieht den Diskussionen, welche Technologie nun die bessere sei, relativ entspannt: Er zückt das Handy und zeigt den Speedtest von Ookla. Dort sind Länder wie die USA und Chile deutlich vor Österreich gereiht. Und dort wird viel auf Koaxialkabel gesetzt. "Diese Diskussion über die Technologie führt zu nichts, wir sollten über die tatsächlichen Geschwindigkeiten in den Wohnungen der Menschen reden." Für diese investiert die Tochter der deutschen Telekom bis 2030 zwei Milliarden Euro in den Festnetzausbau. Das Ziel: Man will über die Hälfte der Haushalte in Österreich mit Gigabit-fähigem Internet erreichen. Aktuell sind es rund 30 Prozent, wobei das Unternehmen durch die UPC-Übernahme sehr stark auf die Bundeshauptstadt fokussiert ist.

Diehl ist alle zwei bis drei Wochen selbst bei einem Montagetermin dabei. Der Grund: "Weil in Powerpoint sieht alles gut aus."
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Doch zurück in den dritten Bezirk, denn Frau Cornelie wartet schon, dass ihr Internetanschluss wieder funktioniert. Techniker Uzar hat mittlerweile die Einziehfeder und ein dicke Rolle Kabel aus dem Auto geholt und ist gerade dabei, Kabel zu verlegen und die Steckdose zu montieren. Diehl und Frau Cornelies Sohn plaudern über mögliche Mesh-Netzwerke, denn es sei fraglich, ob bei den dicken Altbauwänden das WLAN-Signal überall hinkomme.

Die Österreicher basteln gerne

"Das ist etwas, das ich aus anderen Ländern nicht kenne, die Kundinnen und Kunden in Österreich interessieren sich für die Technik und stellen den Monteuren Detailfragen", sagt Diehl. Mehr noch: In anderen Ländern sei es völlig unüblich, dass die Kundinnen und Kunden selbst an den Netzen in ihrer Wohnung herumbasteln. Herr und Frau Österreicher legen aber gerne selbst Hand an, installieren etwa ihr eigenes Mesh-Netz. Das geht zwar nicht immer gut aus, aber das Interesse an der Technik sei spürbar, erklärt Diehl später. In der Wohnung von Frau Cornelie gibt es aber Entwarnung: Das Signal ist überall stark genug, selbst in den am weitesten entfernten Räumen reicht die Empfangsqualität noch bequem für TV-Streaming.

Eine Beschwerde hat die Pensionistin dann aber doch: Sie würde gerne auch die Nachrichten aus ihrer Heimat Tschechien sehen, die sind aber im TV-Paket nicht mit inkludiert. Kurzes Stirnrunzeln bei Diehl, der laut nachdenkt: Das Programm nach Österreich zu bringen kann ja wohl nicht das große Problem sein, schließlich ist Magenta ja auch im nördlichen Nachbarland aktiv. "Schauen wir uns an." Nur das alte Faxgerät, das können Uzar und Diehl nicht mehr in Betrieb nehmen, denn neue Faxanschlüsse gibt es nicht mehr. Frau Cornelie nimmt die Nachricht pragmatisch hin: Dann kann das Gerät weg, und es ist mehr Platz auf der Kommode im Vorzimmer. (Peter Zellinger, 16.3.2024)