Kultur-Staatssekretärin Andrea Mayer (rechts) brachte in ihrer Amtsperiode Sachverstand und Pragmatik ein. Werner Kogler (links), faktisch Kulturminister, nickte ab, was Mayer vorgab.
Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer (rechts) brachte in ihrer Amtsperiode Sachverstand und Pragmatik ein. Werner Kogler (links), faktisch Kulturminister, nickte in der Regel ab, was Mayer vorgab.
APA/ROLAND SCHLAGER

Mit der Legislaturperiode neigt sich auch die Ära zu Ende, in der die Grünen an der Seite ihres Koalitionspartners das Regierungsprogramm für den Bereich Kunst und Kultur umzusetzen gewillt waren. Der Anfang geriet bekanntlich etwas holprig. Denn ein eigenes Ministerium war nicht mehr vorgesehen, stattdessen wurden die Kulturagenden in jenes für den öffentlichen Dienst und Sport eingegliedert.

Als verantwortlicher Minister holte sich Vizekanzler Werner Kogler nicht Eva Blimlinger, die das Programm mitverhandelt hatte, sondern Ulrike Lunacek als Staatssekretärin an seine Seite. Der Bundesvorstand der Grünen entschied sich für sie, trotz fehlender Fachkompetenz. Mit der Corona-Krise geriet Lunacek zunehmend ins Straucheln und zog schließlich die Konsequenzen.

An ihrer Stelle übernahm Andrea Mayer, ehemals Leiterin der 2015 fusionierten Sektion Kunst und Kultur, bevor sie 2017 als Kabinettsdirektorin in die Präsidentschaftskanzlei gewechselt war. Eine erfahrene Beamtin und Pragmatikerin, die sich am Verhandlungstisch durchzusetzen verstand, vor allem, wenn es um Finanzen ging.

Das für heuer vorgesehene Kunst- und Kulturbudget (668,8 Mio. Euro) stieg seither (von 455,1 Mio. Euro 2019) zum vierten Mal in Folge, inklusive Teuerungsausgleich für den Förderbereich und die Bundesinstitutionen. Zusätzlich wurden für Bauprojekte dreier Bundesmuseen weitere 100 Millionen Euro für die Jahre 2025 bis 2027 in den Budgetrahmen eingepreist.

Meilensteine gab es unter Mayer größere und kleinere: In Zusammenarbeit mit den Ministerien für Wirtschaft, Medien und Finanzen nahm sich Mayer der Reform der Förderung von Film- und Fernsehproduktionen (inkl. Streaming) samt einem branchenseitig vielgepriesenen Anreizmodell an. Gegen Machtmissbrauch und sexuelle Belästigung im Kunst- und Kulturbetrieb wurde eine unabhängige Anlauf- und Beratungsstelle (Vera) geschaffen, die auch mit strukturellen Maßnahmen zur Beseitigung von Missständen beitragen soll.

Wirft man einen Blick auf das Anfang 2020 präsentierte Regierungsprogramm, dann fällt die vorläufige Bilanz durchwachsen aus: Manches wurde begraben, anderes könnte noch umgesetzt werden.

(K)eine bundesweite Kunst- und Kulturstrategie

Als "heiße Kartoffel" entpuppte sich die Entwicklung einer bundesweiten Kunst- und Kulturstrategie, die schon unter der Vorgängerregierung unerledigt geblieben war. Angelegt als partizipativer Prozess, wurden Ideen eingesammelt, in Fragestellungen gebündelt, in Impulsreferaten umrissen und in "Dialogforen" diskutiert. Vermeintlicher Höhepunkt war das als Branchentreffen titulierte Forum Kultur, eine Veranstaltung, die nicht nur wegen der Kosten (188.000 Euro), sondern vor allem inhaltlich in die Kritik geriet: Auf Formulierungen von Zielsetzungen, Leitlinien des Handelns und daraus ableitbare Maßnahmen wartete man schon damals und noch heute. Dem Vernehmen nach sollen Leitlinien noch vor dem Sommer publiziert werden.

(K)eine Bundesmuseen-Holding

Die angekündigte Schaffung einer Bundesmuseums-Holding wurde offenbar endgültig zu Grabe getragen. Selbst die Bundesmuseen-Konferenz hatte deren Nützlichkeit angezweifelt und der Idee schon vorab eine Absage erteilt. Die Kosten würden erwartbare Synergien überschreiten, und die Autonomie der einzelnen Häuser würde eingeschränkt, hieß es. Zwischendurch wurde überhaupt an einer Mega-Bundeskulturholding getüftelt, die als Dachorganisation die Bundestheater, die Bundesmuseen sowie die Nationalbibliothek vereinen sollte.

Die Art for Art Theaterservice GmbH, eine Tochter des Bundestheaterkonzerns, hätte schrittweise auch Aufgaben für die Museen übernommen und als Shared-Service-Organisation fungiert. Ein Modell, das unter Andrea Mayer als Sektionschefin verworfen worden war, für die sie als Staatssekretärin hinterher dann aber doch ein Konzept ausarbeiten ließ (89.000 Euro): all das hinter den Kulissen, ohne Einbindung der zuständigen Sektion oder Austausch mit der Führungsebene der davon betroffenen Institutionen.

"Fair Pay"-Strategie und eine KV-Baustelle

Wie sehr die Kulturbranche unter prekärer Beschäftigung leidet, wurde von der Politik lange ignoriert und während der Corona-Krise besonders deutlich. Die Verbesserung der Rahmenbedingungen, die Weiterentwicklung der sozialen Absicherung und eine von Bund, Ländern und Gemeinden getragene "Fair Pay"-Strategie fanden sich als Bekenntnis im Regierungsprogramm. Der eingeleitete Prozess zielt auf eine Anhebung der Fördermittel für jene ab, die bereit sind, faire Honorare zu zahlen. In der Folge wurden 2022 (6,5 Mio. Euro) und 2023 (9 Mio. Euro) gesonderte Mittel zur Verfügung gestellt, die entsprechend der Förderverteilung zwischen Bund und anderen Finanzierungsquellen ausgezahlt wurden. Ins Stocken gerieten hingegen die Verhandlungen für einen gemeinsamen Kollektivvertrag bei den Österreichischen Bundesmuseen. Bislang war ein solcher nur dem Kunsthistorischen-Museums-Verband vorbehalten, der jedoch aus Kostengründen nicht von den anderen Häusern übernommen wird. Das ursprünglich für Ende 2021 avisierte Ergebnis lässt – trotz oder gerade wegen der anhaltenden Inflation – weiter auf sich warten.

Unerwartete Lösung für das HDGÖ

Im Punkt "Gedenkkultur" wohl irgendwie mitgemeint war das Haus der Geschichte Österreich, denn im Regierungsprogramm wurde auf dessen explizite Erwähnung verzichtet, obwohl die Zukunft der Einrichtung ungeklärt war. Zum fünften Geburtstag des Zeitgeschichtemuseums wurde die Dauerlösung präsentiert: eine Übersiedlung ins Museumsquartier, wo es nach entsprechendem Umbau ab 2028 im Dachgeschoß über fast 3.100 Quadratmeter Ausstellungsfläche verfügen soll. Die Entscheidung wurde auf Basis einer baulichen Machbarkeitsstudie getroffen. Eingebunden war die amtierende Direktorin dabei nicht, die prompt ein museologisches Konzept urgierte, das Grundlage für den Architekturwettbewerb sein müsse, der demnächst ausgeschrieben werden soll. Bis 2027 wurden über die Jahre verteilt dafür bereits 27,7 Millionen Euro budgetiert. (Olga Kronsteiner, 19.3.2024)