Der Reichstag in Berlin soll besser geschützt werden.
Der Reichstag in Berlin soll besser geschützt werden.
IMAGO/ Francesco Molteni

Wie viele Abgeordnete der AfD im Bundestag sitzen, kann man mit einem Klick auf der Website des Hohen Hauses leicht herausfinden: 78 sind es. Einige haben einen hohen Bekanntheitsgrad, viele aber sind – wie die Kolleginnen und Kollegen anderer Fraktionen – zumindest nicht in ganz Deutschland bekannt. Doch wie sieht es "hinter" den Abgeordneten aus? Sie dürfen ja im Bundestag und in ihren Wahlkreisen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen beschäftigen. Über diese weiß man in der Regel wenig bis nichts.

Vor kurzem jedoch hat ein Bericht des Bayerischen Rundfunks (BR) für Aufregung gesorgt. Denn laut BR geht aus internen Namenslisten aus dem Bundestag und aus Mitarbeiterverzeichnissen der AfD-Fraktion hervor, dass AfD-Abgeordnete mehr als 100 Personen aus Organisationen angestellt haben, die vom Verfassungsschutz als rechtsextremistisch eingestuft werden.

Schlaumachen 

Die AfD hat dies zurückgewiesen, doch der Bericht hat auch Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) alarmiert. In einem Interview mit der "Welt am Sonntag" sagt sie: "Wenn es im Einzelfall – etwa durch Presseberichte – Hinweise auf verfassungsfeindliche Betätigungen mit Auswirkungen auf die Sicherheit im Bundestag gibt, müssen wir uns schlaumachen können."

Ihre Forderung: "Wenn wir tatsächliche Anhaltspunkte dafür haben, dass jemand aktiv und gezielt auf die Beseitigung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung hinarbeitet, würde ich gerne im Einzelfall auch auf Daten des Verfassungsschutzes zurückgreifen können." Eine Abfrage dort ist derzeit nicht möglich, jedoch ein Blick in polizeiliche Datenbanken. Dies hilft bei der Entscheidung, ob jemand einen Hausausweis bekommt. Bas betont, es gehe ihr nicht darum, Erkenntnisse des Verfassungsschutzes eins zu eins zu übernehmen oder "eine Art Gesinnungs-TÜV für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einzuführen". Aber man wolle "wachsam" sein.

Das gilt auch für den äußeren Schutz des Bundestags. Dort haben die Arbeiten für einen Graben begonnen, der den Eingang an der Vorderfront schützen soll. Beschlossen wurde dies schon 2018. Nach dem Vorfall im August 2020 erhöhte sich aber die Dringlichkeit. Damals versuchten bei einer Demo gegen die Corona-Maßnahmen der Regierung hunderte Menschen, den Reichstag zu stürmen. Sie wurden gerade noch von der Polizei abgehalten.

Graben aus dem 19. Jahrhundert

Bei der zehn Meter breiten und 2,5 Meter tiefen Baumaßnahme handelt es sich laut Bundestag um einen sogenannten "Aha"-Graben, ein seit dem 19. Jahrhundert gängiges Gestaltungselement der Gartenbaukunst. Der optische Vorteil gegenüber Zäunen und Mauern: Man sieht den Graben nicht. Die drinnen fühlen sich nicht so eingesperrt, die draußen nicht so ausgesperrt.

In Deutschland gibt es zudem Überlegungen für mehr Schutz des Bundesverfassungsgerichts. Die Ampel aus SPD, Grünen und FDP erwägt angesichts des Umfragehochs der AfD schon länger, die Struktur des Höchstgerichts, also auch die Wahl von Richterinnen und Richtern, im Grundgesetz abzusichern. Derzeit sind die Regeln in einem einfachen und leichter änderbaren Bundesgesetz geregelt.

Mit einer Festlegung im Grundgesetz könnten Richterinnen und Richter, etwa nach einem Regierungswechsel, nicht mehr so einfach aus ihrem Amt entfernt werden. CDU-Partei- und Fraktionschef Friedrich Merz zögerte bisher, ist aber nun doch zu Gesprächen bereit. Für eine Änderung braucht die Ampel im Bundestag eine Zweidrittelmehrheit und ist auf die Hilfe der CDU/CSU angewiesen. (Birgit Baumann aus Berlin, 23.3.2024)