Selten löst die Entscheidung eines Sportverbands ein politisches Erdbeben aus – in diesem Fall allerdings hat sich selbst der Vizekanzler in die Debatte eingeschaltet. Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) wird ab 2027 seinen bisherigen Ausrüster auswechseln: Statt des deutschen Unternehmens Adidas wird der US-Konkurrent Nike unter anderem die Herren-Nationalmannschaft mit Trikots und Schuhen ausstatten. Der deutsche Vizekanzler Robert Habeck sagte, er hätte sich "ein Stück mehr Standortpatriotismus" gewünscht, ähnlich argumentierten CDU und SPD-Gesundheitsminister Karl Lauterbach.

Noch rüstet Adidas die Fußballnationalspieler aus – aber das soll bald vorbei sein.
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Das ist bemerkenswert. Jahrzehntelang verfolgte die deutsche Politik eine Strategie der Globalisierung. Deutsche Unternehmen haben im Ausland Märkte erobert. In Kauf genommen wurde für diesen Erfolg im Namen der freien Märkte, dass Produktion und damit Arbeitsplätze verlagert wurden. Zwei Drittel der Zulieferer von Adidas sitzen heute in Asien, vor allem in China und Vietnam. In Deutschland geblieben sind die höherwertigen Jobs im Headquarter.

Nun werden die eigenen Prinzipien des freien Marktes ganz schnell von der Politik über Bord geworfen, und der Ruf nach Protektionismus ertönt, weil in diesem Spiel nun Adidas und damit ein deutscher Konzern der Verlierer ist. Globalisierung nur dann zu propagieren, wenn die eigenen Unternehmen auf der Siegerstraße sind, wird nicht funktionieren. Jetzt nach Patriotismus zu rufen ist vor allem eines: heuchlerisch. (András Szigetvari, 26.3.2024)