Ein Klassiker unter den üppigen Eisbechern: das Bananensplit.
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Die Geschichte beginnt mit einer Erinnerung. An eine Kugel Erdbeereis, eine Schoko, eine Vanille. Sie lagen in einem Eisbecher aus Edelstahl und liefen langsam ineinander. Die Erinnerung an die Besuche in der Gelateria einer westdeutschen Kleinstadt fühlen sich ziemlich nah an. Ganz so, als sei die süße Schweinerei die prägendste kulinarische Erfahrung meiner Kindheit gewesen.

Das ist natürlich Quatsch. Mein Vater schleppte uns Kinder einfach regelmäßig in den Eissalon, um seiner süßen Leidenschaft nachzukommen. Dort löffelte er das Eis mit seiner liebsten Zugabe: Schlagobers. Egal ob es um Schoko, Vanille, Erdbeer oder um den Vienetta-Eisriegel zu Hause ging. Die zweite Eis-Erinnerung meiner Kindheit? Der Bofrost-Wagen, der in den Ferien bei Oma in den Hof einfuhr. Eislieferungen für die Enkel – eine ziemlich gute Idee, das ahnten wir schon damals, als wir im Wohnzimmer vor dem Fernseher herumhingen. Es gab nichts Besseres als ein Cornetto oder einen Riesenhappen zwischen den Zähnen.

An all das musste ich während der vergangenen Tage denken. Ich habe mich nämlich auf die Suche gemacht. Nach dem Eis aus jener Zeit, in der Schlagobers und Zucker noch gedankenlos geschleckt und verschlungen wurden. Und das Eis als elegante Verführung in hochstieligen Gläsern und Schüsseln lag – verziert mit Schokosauce, Amarena-Kirsche oder Schirmchen.

Wo gibt's Bananensplit?

Die süßen, aufgemascherlten Zuckerbomben hatte ich nämlich aus den Augen verloren. In den vergangenen Jahren habe ich mich irgendwo zwischen Orange-Olivenöl-Safran und Erdbeer-Agave bewegt. Jener neuen Eis-Welt, die bei allem Genuss auch irgendwie alles richtig machen will. Die hochwertige Zutaten verarbeitet, auf Industriezucker verzichtet und in der vegane Sorten eine Selbstverständlichkeit sind.

Es musste doch noch Eisbomben in Gläsern geben. Ich beginne meine Recherche auf Instagram: "Wo in Wien gibt's noch Spaghetti-Eis und Bananensplit?" Die Antworten lassen nicht lange auf sich warten. Ich bin mit meiner Sehnsucht nach den dekorierten Eisbergen, den üppigen Schlemmerinseln offenbar nicht allein: Tichy, der Eissalon am Dr.-Karl-Lueger-Platz, Alberti in der Praterstraße, Gelateria Giardorno auf der Wiedner Hauptstraße.

Ich starte mit einem klassischen Bananensplit in der Gelateria Perrella am Dr.-Karl-Lueger-Platz: Serviert werden mir auf einem bunten Glasteller in Form eines Auges (wie großartig ist das denn?) Schoko-, Bananen-, Haselnusseis, eine halbierte frische Banane und zwei mit Schokosauce beträufelte Schlagobershauben. Wann habe ich das letzte Mal so viel Schlagobers auf einmal gegessen? Egal, ich bin während des Löffelns ziemlich glücklich. Die Waffel? Na gut, die schaffe ich wirklich nicht mehr. Die 7,70 Euro haben sich trotzdem ausgezahlt.

Auf den Geschmack gekommen: Dieses Bananensplit wurde in der Wiener Gelateria Perrella verspeist.
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Spaghetti mit Kokosflocken

Spätestens jetzt bin ich auf den Geschmack gekommen. Ich nehme mir vor, den Mitbewerbern eine Chance zu geben. Am nächsten Tag beende ich den Arbeitstag bei Gelati Alberti mit einem Teller Spaghetti-Eis. Die Google-Rezensionen haben mich hierhergelockt – und sie haben nicht zu viel versprochen: "Sehr netter Traditions-Eissalon (seit 1906!) an der Praterstraße. Das Eis ist sehr gut, und die Sorten sind zum Teil fantasievoll." Die Bestellung steht in Windeseile vor meiner Nase, die Portionsgröße entspricht jener eines ordentlichen Spaghetti-Tellers, genau richtig für eine ausgehungerte Büroarbeiterin. Der Parmesan wurde mithilfe eines Geschwaders Kokosflocken imitiert. Ein Stück Italien in der Leopoldstadt, himmlisch!

Das Spaghetti-Eis wurde in der Praterstraße bei Gelati Albertigelöffelt.
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Ich zeige mein Abendessen auf Instagram her und ernte begeisterte Herzen. Mit einem Stanitzel Erdbeer-Agave wäre mir das wahrscheinlich nicht passiert. Doch das Beste kommt ja noch: Am Abend darauf mache ich mich auf zum Reumannplatz. Seit Jahren war ich nicht mehr beim Tichy. Zum Glück ist alles genauso, wie ich es in Erinnerung habe: Selbst an einem frühen Donnerstagabend wird hier fürs Eis Schlange gestanden, die Bestuhlung im Inneren des Salons ist noch immer dieselbe. Ich lasse mich auf rotem Kunstleder nieder und kann mich schwer entscheiden zwischen "Coup Ostarrichi", "kanadischem Herbst" und all den anderen fantastischen Bechern auf der Karte. Ich bestelle eine Portion "Kalte Seide": Mandeleis mit Marzipanspaghetti, Weinbrand, Dörrpflaumen, Schlagobers und Dekor gibt's für 6,90.

Die Bestellung beim Tichy lautete: Eine Portion "Kalte Seide", bitte! (Foto von der Speisekarte)
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Ich schaufle vor allem Mandeleis und Schlagobers in mich hinein – und werde abgelenkt von den vielen aufgespritzten Köstlichkeiten, die vorbeigetragen werden. Im Sommer, nehme ich mir vor, komme ich wieder vorbei. So eine Zuckerbombe kann nämlich glücklich machen, zumindest für einen Moment. Zu Hause muss ich mich erst einmal aufs Sofa legen. War alles ein bisschen viel. Aber war das früher nicht auch schon so? (Anne Feldkamp, 6.4.2024)