José Andrés bei seinem Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters.
José Andrés bei seinem Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters.
REUTERS/Reuters TV

José Andrés ist traurig und wütend, und das kann man auch nachvollziehen. Helfen wolle der 54-Jährige, dort, wo die Not am größten ist, und zwar mit dem simplen Prinzip "Lasst Menschen essen", wie er dieser Tage seinen Gastkommentar für die "New York Times" betitelte. Stattdessen muss er um sieben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seiner Hilfsorganisation World Central Kitchen trauern, die Anfang der Woche in Gaza vom israelischen Militär getötet wurden. Ein Versehen sei dieser Angriff gewesen, hieß es später aus Jerusalem.

Doch diese Erklärung reicht Andrés – wie vielen anderen auch – nicht. In einem Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters erklärt er nun, dass Israels Militär genau gewusst habe, dass sich humanitäre Helfer in den Autos befanden. "Systematisch" habe Israel die drei Gefährte der Reihe nach beschossen, klagt er.

"Freund" von Jill Biden

Andrés' Stimme wird mittlerweile gehört in der Welt, in der israelischen Zeitung "Haaretz" wird nun gar spekuliert, ob er den Gazakrieg verändern könnte. 1990, als er 21-jährig von Spanien nach New York zog, war noch nicht daran zu denken, dass ihn US-First-Lady Jill Biden nun als "Freund" bezeichnen, ihn 2015 der damalige US-Präsident Barack Obama mit der National Humanities Medal auszeichnen oder er zweimal für den Friedensnobelpreis nominiert werden würde.

Beginnend als Koch in einem spanischen Restaurant in Manhattan arbeitete er sich rasch hoch, mittlerweile gilt er als Promikoch für die Reichen und Schönen mit Restaurants in den USA und Europa. Er hat zwei Michelin-Sterne, tritt in TV-Kochshows auf und unterrichtete an renommierten US-Unis.

Bei all dem Ruhm vergaß er als Sohn von Krankenpflegern aber nicht, sich für Menschen in Not einzusetzen. 2010 gründete er WCK, um die Menschen in Haiti nach dem Erdbeben zu versorgen. Es folgten Hilfeleistungen unter anderem in Puerto Rico nach einem Hurrikan, nach Bränden auf Hawaii, nach dem Beben in der Türkei und Syrien im Februar 2023.

Erster Toter in der Ukraine

Seit 2022 ist die Organisation des verheirateten dreifachen Vaters mit dem Ukrainekrieg erstmals in einem bewaffneten Konflikt tätig. Dort hatte WCK seinen ersten Toten im Einsatz zu beklagen – und bis vor kurzem auch den einzigen.

Der aktuelle Einsatz in Gaza ist mit Sicherheit der bislang komplizierteste für WCK. Alleine dort hat die Organisation eigenen Angaben zufolge schon mehr als 43 Millionen Mahlzeiten verteilt. Dabei wird es vorerst bleiben, denn die Arbeit in Gaza ist vorläufig eingestellt. Inzwischen appelliert Andrés an Israels Regierung, keine humanitären Helfer mehr zu töten und mehr Hilfslieferungen zuzulassen. Die Israelis, schreibt er, wüssten doch in ihren Herzen, dass Lebensmittel keine Waffe des Krieges sein dürfen. (Kim Son Hoang, 4.4.2024)