Die myanmarische Armee setzt im Bürgerkrieg verstärkt auf Luftangriffe wie in der Ortschaft Thantlang.
Die myanmarische Armee setzt im Bürgerkrieg verstärkt auf Luftangriffe wie in der Ortschaft Thantlang.
AFP/STR

Seit Jahrzehnten schon wird in Myanmar die muslimische Minderheit der Rohingya unterdrückt, ihnen wird die Staatsbürgerschaft verweigert. Nun setzt die Militärjunta im Bürgerkrieg gegen Rebellen just auf die von ihr schikanierten Menschen und rekrutiert sie für die Armee – mit sehr fragwürdigen Methoden, die die BBC enthüllt hat.

Vor allem 2016 und 2017 ging die myanmarische Armee so brutal gegen die Rohingya vor, dass der Internationale Gerichtshof (IGH) das Land 2020 wegen Massenmorden verurteilte und es zu Sofortmaßnahmen zum Schutz der Minderheit verpflichtete. Eine Völkermordklage, ebenfalls beim IGH, ist noch anhängig.

Nächste Stadt verloren

Mittlerweile hat die Junta mit weiteren Problemen zu kämpfen. Die Kämpfe zwischen ihrer Armee und diversen Rebellengruppen wie der Myanmar National Democratic Alliance Army (MNDAA), der Arakan Army oder der Ta'ang National Liberation Army (TNLA) werden immer heftiger, und das Militär muss dabei immer mehr Rückschläge hinnehmen. Am Wochenende etwa hatte die Junta den Verlust der Stadt Myawaddy an der Grenze zu Thailand zu verkraften.

Aufgrund dieser Situation sucht das Militär nach personeller Verstärkung und bedient sich dabei in Rohingya-Flüchtlingslagern. Die BBC konnte dort mit mehreren Männern reden, die rekrutiert wurden. Diese befürchten laut Bericht, "Kanonenfutter" zu sein für die Junta in einem Krieg, den sie zu verlieren scheint. Einer der Männer, der im Bericht Mohammed genannt wird, erzählt, wie er in der Nacht abgeholt wurde, um ein militärisches Training zu absolvieren. Wenn er sich weigere, werde man seiner Familie etwas antun, hieß es.

An die Front geschickt

Nach einem zweiwöchigen Training, wo es vor allem darum ging, das Schießen zu lernen, wurde er an die Kriegsfront geschickt. "Ich hatte keine Ahnung, warum ich da gekämpft habe", sagte Mohammed danach. Ein Militärsprecher dementierte, dass die Rohingya an die Front geschickt werden. Doch der BBC zufolge sind heuer bereits mindestens 100 Männer in den Kampf geschickt worden.

Andere Rohingya-Männer erzählen, dass im Februar Soldaten und Regierungsbeamte in die Flüchtlingslager gekommen seien, um junge Männer zum Militär zu locken mit dem Versprechen, ihnen Essen und die Staatsbürgerschaft zu geben. Wenig später wollte man von den Versprechen nichts mehr wissen, man sprach von einem "Missverständnis".

Menschenrechtsorganisationen üben scharfe Kritik daran, Opfer eines Genozids für einen anderen Krieg zu rekrutieren. In ganz Myanmar leben laut Uno mehr als 2,7 Millionen Flüchtlinge in provisorischen Lagern. Insgesamt seien mindestens 18,6 Millionen Menschen, darunter sechs Millionen Kinder, auf humanitäre Hilfe angewiesen. Für Hilfsorganisationen wird die Arbeit zunehmend schwieriger. Durch den Bürgerkrieg können Lager oft nicht erreicht werden. Zudem nehmen angesichts der weltweiten Inflation und des Hilfsbedarfs in den anderen Krisenregionen die Spenden ab. (ksh, APA, 9.4.2024)