Eine Zeitlang schien es, als habe die Film- und TV-Industrie das Piraterieproblem in den Griff bekommen. Dank Streamingdiensten und einfach erreichbarer digitaler Optionen wurde das Phänomen nach und nach zurückgedrängt. Zuletzt gab es aber eine Trendumkehr, Piraterie wächst wieder, und das ruft natürlich auch die alten Bekannten aus der Industrie wieder auf den Plan – samt der gleichen alten Ideen.

Blockade

Die US-amerikanische Motion Picture Association (MPA) startet eine neue Initiative, um gegen Onlinepiraterie vorzugehen. In Kooperation mit dem US-Kongress soll ein neues Gesetz ausgearbeitet werden, das den Zugriff auf entsprechende Seiten verbieten soll, die Internetanbieter also zu deren Blockade verpflichten soll.

Die Filmindustrie ist wieder einmal davon überzeugt, dass Piraterie Kinos zerstört.
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Piraterie koste hunderttausende Jobs und führe zu einem Umsatzentgang von mehr als einer Milliarde US-Dollar, zeigte sich MPA-Chef Charles Rivkin im Rahmen der Cinemacon in Las Vegas überzeugt. "Die Sperrung von Websites ist eine gezielte rechtliche Taktik, um die Verbindung zwischen digitalen Raubkopierern und ihrem Zielpublikum zu unterbrechen", zitiert ihn "The Verge". Ein entsprechendes Gesetz würde es Rechteinhabern ermöglichen, bei Netzanbietern die Sperre solcher Webseiten zu veranlassen.

Sopa-Erinnerungen werden wach

Wem das irgendwie bekannt vorkommt, der hat natürlich recht. Es ist nicht der erste Versuch der Filmindustrie, eine solche Gesetzesinitiative durchzudrücken. So sorgte bereits im Jahr 2012 der Stop Online Piracy Act (Sopa) für viel Aufregung, auch dieser hatte die Blockade von Webseiten vorgesehen.

Da in den USA Meinungsfreiheit als besonders hohes Gut gilt, wurde Sopa nach Zensurvorwürfen wieder fallengelassen. Dem gingen konzertierte Protestmaßnahmen von einigen großen Webseiten voraus, so wurden etwa die Wikipedia oder auch Reddit kurzfristig offline genommen, um vor den Gefahren von Sopa zu warnen.

Netzsperren gibt es schon

In anderen Länder waren die Rechteinhaber mit ihrer Lobbyarbeit erfolgreicher: In vielen Ländern – darunter auch Österreich – gibt es bereits die eine oder andere Form solcher Netzsperren. So wird etwa der Zugriff auf große Bittorrent-Seiten wie The Pirate Bay oder auch Streamingdienste wie kinox.to von den heimischen Providern blockiert. Die Liste aller derzeit von einer Netzsperre betroffenen Seiten ist übrigens als Open Data verfügbar.

Als Erfolg können diese Netzsperren aber kaum gelten. Solche Sperren lassen sich relativ einfach umgehen. Wer ausreichend Interesse daran hat, kopierte Filme oder Serien zu finden, wird sich von dieser Blockade also nicht abhalten lassen. Insofern ist es auch kein Wunder, dass die Sperren nichts am Volumen von Onlinepiraterie geändert haben.

Falsche Schlüsse

Das mag auch daran liegen, dass die Industrie einmal mehr die falschen Schlüsse aus der aktuellen Situation zieht. Denn die Gründe für das aktuelle Wachstum von Onlinepiraterie sind ebenfalls kein Geheimnis: Die wachsende Zersplitterung von Streamingdiensten sowie daraus folgend der Umstand, dass man monatlich mittlerweile wesentlich mehr Geld investieren muss, um die gewünschten Inhalte sehen zu können, sind es, die dazu führen, dass Piraterie für viele zunehmend wieder eine verlockende Option darstellt. (Andreas Proschofsky, 10.4.2024)