E-Autos auf einem Parkplatz
Die E-Autos können nachts zu Hause oder oft auf dem Parkplatz des Arbeitgebers geladen werden.
IMAGO/Jochen Eckel

Die Reichweite von Elektroautos gehört zu den häufigsten Diskussionspunkten, wenn es um die Abwägung zwischen E-Mobilität und Verbrennermotoren geht. Je mehr Reichweite, desto besser, so die gängige Auffassung. Einer Umfrage des Vereins Deutscher Ingenieure (VDI) zufolge würden knapp 60 Prozent der Europäer kein E-Auto mit weniger als 500 Kilometern Reichweite kaufen.

Doch das könnte eine Fehleinschätzung sein, wie aus einer aktuellen Studie des International Council on Clean Transportation (ICCT), einer gemeinnützigen Organisation in den USA, die den Dieselskandal mit aufgedeckt hat, hervorgeht. Darüber berichtet das deutsche Medium "Die Zeit", das die Studie vorab einsehen konnte.

98 Prozent der Fahrten ohne Laden

Die Autorin und der Autor der Studie, Carolina Poupinha und Jan Dornhoff, haben drei Archetypen von E-Auto-Nutzern festgelegt: einen städtischen Pendler, der fünfmal pro Woche 22 Kilometer fährt. Eine ländliche Pendlerin, die an jedem Werktag 34 Kilometer zurücklegt. Und einen Vielfahrer, der zweimal pro Woche 20 und dreimal pro Woche 374 Kilometer fährt. In die Simulation flossen die technischen Daten eines VW ID3 als Kompaktwagen mit hypothetischen Batteriegrößen von 28, 58, 87 und 116 Kilowattstunden ein.

Ergebnis: Selbst mit der kleinsten Batterie müssen die Stadt- und Landpendler bei 98 Prozent ihrer Fahrten nicht laden beziehungsweise muss nur nach jeder fünfzigsten Fahrt geladen werden. Dies lässt sich meist problemlos über Nacht zu Hause oder tagsüber in der Garage des Arbeitgebers erledigen. Eine größere Batterie lohnt sich nur für den Vielfahrer.

Großer Akku = hohe Kosten

Beachtlich sind diese Ergebnisse auch, weil große Akkus in E-Autos mit diversen Nachteilen verbunden sind. Denn erstens steigt der Anschaffungspreis mit der Größe der Batterie, zweitens ist auch der Betrieb durch das höhere Gewicht teurer: Je nach Nutzungsprofil kann der Stromverbrauch durch eine größere Batterie der Studie zufolge um 13 bis 17 Prozent steigen.

Hinzu kommt, dass sich der CO2-Fußabdruck durch eine größere Batterie erhöht: erstens durch die gesteigerten Emissionen bei der Herstellung, zweitens durch den bereits erwähnten höheren Stromverbrauch bei der Nutzung. Das zeigt sich besonders stark beim Stadtpendler, bei dem der Innenraum des Autos aufgrund der kürzeren Fahrten auf die Gesamtstrecke gerechnet häufiger aufgewärmt oder heruntergekühlt werden muss.

ICCT-Europachef Peter Mock hofft dem Artikel zufolge, dass die Studie dazu beträgt, "das Thema Batteriekapazität und Energieverbrauch von E-Autos objektiver zu diskutieren". Er empfiehlt, den tatsächlichen Energieverbrauch der E-Autos zu protokollieren und anonymisiert an die Behörden zu übermitteln: laut ICCT könnte der reale Verbrauch von E-Autos nämlich um bis zu 44 Prozent höher sein, als in offiziellen Prüfwerten angegeben wird. (red, 11.4.2024)