Pompeji, Ausgrabungen, Bankettsaal
Unter den Motiven an den Wänden des Saales tauchten auch Kassandra (rechts) und Apollo (links) auf.
Foto: AFP/Parco Archeologico di Pompei

Einen imposanten Bankettsaal mit schwarzen Wänden und bemerkenswerten Wandgemälden haben Forschende in den Überresten der antiken Stadt Pompeji entdeckt. Der Raum war erst kürzlich bei Ausgrabungsarbeiten auf dem archäologischen Gelände nahe des Vesuvs ans Tageslicht gekommen und ist nun in seiner ganzen Pracht zu sehen, wie das italienische Kulturministerium in Rom am Donnerstag mitteilte.

Der Saal ist mit mythologischen Motiven aus dem Trojanischen Krieg verziert. Aufgrund der künstlerischen Qualität der Gemälde und der Auswahl der Themen wurden die Ausschmückungen in die dritte Stilepoche Pompejis eingereiht. Das vorherrschende Thema ist Heldentum, dargestellt werden Protagonisten und Götter im Trojanischen Krieg.

Pompeji, Ausgrabungen, Bankettsaal
Dieses Wandgemälde zeigt Helena und Paris. Solche Gemälden der Wohn- und Gesellschaftsräume römischer Häuser hatten die Funktion, Gäste zu unterhalten und Stoff für Gespräche und Überlegungen über die Existenz zu liefern.
Foto: AFP/Parco Archeologico di Pompei

Kassandra und Apollo ...

Neben Helena und Paris, der in einer griechischen Inschrift zwischen den beiden Figuren auch mit seinem anderen Namen "Alexandros" genannt wird, erscheinen an den Wänden der Halle auch Kassandra, die Tochter des Priamos, und Apollo. In der griechischen Mythologie war Kassandra für ihre Gabe der Weissagung bekannt. Trotz ihrer Fähigkeit, über die Gegenwart hinauszuschauen, glaubte niemand ihren Worten, weil der von ihr verschmähte Apollo sie mit einem Fluch belegte. So war es letztlich auch nicht möglich, die tragischen Ereignisse des Trojanischen Krieges zu verhindern. Nach der Eroberung der Stadt landet Kassandra als Sklavin von Agamemnon in Mykene.

Die häufige Präsenz mythologischer Figuren auf den Gemälden von Wohnräumen und Sälen für gesellige Zusammenkünften in römischen Häusern hatten vor allem soziale Funktion: Sie sollten die Gäste unterhalten und Anregungen für Gespräche und Reflexionen geben.

Pompeji, Ausgrabungen, Bankettsaal
Der Saal misst etwa 15 Meter in der Länge und sechs Meter in der Breite und führt zu einem Innenhof.
Foto: AFP/Parco Archeologico di Pompei

... und ein versteckter Phallus

Der freigelegte Saal ist etwa 15 Meter lang und sechs Meter breit und öffnet sich zu einem Innenhof ohne Dekoration, der wie ein Dienstflur aussieht, mit einer langen Treppe, die in den ersten Stock des Hauses führt. Unter den Bögen der Treppe fanden sich dagegen sehr wohl "Kunstwerke": Jemand hatte mit Kohle auf den groben Putz der Bögen zwei Gladiatorenpaare gezeichnet sowie etwas, das einem riesigen stilisierten Phallus gleicht.

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Die archäologischen Arbeiten in der Insula 10 der Regio IX von Pompeji sind Teil eines umfassenderen Projekts zur Sicherung der Grenzzone zwischen dem bereits freigelegten Teil und der Zone, die noch der Ausgrabung harrt. Die Grabungen in diesem Bereich haben bisher zwei miteinander verbundene Häuser zutage gefördert, ein Haus mit einer Bäckerei und einer sogenannten Fullonica, einer Wäscherei.

Pompeji und seine Bewohner waren bei dem Ausbruch des Vesuvs im Jahr 79 nach Christus unter Asche, Schlamm und Lava begraben worden. Die Stadt wurde dadurch aber teils konserviert und im 18. Jahrhundert wiederentdeckt. Die Ausgrabungsstätte gehört zu den beliebtesten Sehenswürdigkeiten in Italien, es gibt immer wieder sensationelle Funde. (red, APA, 11.4.2024)