US-Präsident Biden bei Treffen mit seinem Krisenstab
US-Präsident Biden bei Treffen mit seinem Krisenstab.
IMAGO/Adam Schultz - White House

Washington/Jerusalem/Teheran – Der iranische Angriff auf Israel in der Nacht auf Sonntag hat international Empörung und Sorge vor einer weiteren Eskalation der Lage im Nahen Osten ausgelöst. US-Präsident Joe Biden sicherte Israel die Unterstützung der USA zu. Der Uno-Sicherheitsrat plant eine Sondersitzung. Scharfe Kritik am Iran übten unter anderen UNO-Generalsekretär Antonio Guterres, die EU sowie Bundeskanzler Karl Nehammer und Außenminister Alexander Schallenberg (beide ÖVP).

Nach dem Angriff des Irans auf Israel plant der Uno-Sicherheitsrat eine Sondersitzung. Per Brief an die maltesische Uno-Botschafterin Vanessa Frazier, deren Land derzeit dem Gremium vorsitzt, habe er um ein entsprechendes Treffen des Sicherheitsrats gebeten, teilte Israels Uno-Botschafter Gilad Erdan über die Online-Plattform X (vormals Twitter) mit. Aus Diplomatenkreisen hieß es, das Treffen in New York könne noch am Sonntag stattfinden, wahrscheinlich um 22.00 Uhr MESZ.

"Unser Engagement für die Sicherheit Israels gegen die Bedrohungen durch den Iran und seine Stellvertreter ist unumstößlich", schrieb US-Präsident Biden in einem Beitrag auf X am Samstagabend (Ortszeit). Dazu veröffentlichte er ein Foto von einem Treffen mit seinem Krisenstab im Situation Room, dem Einsatzzentrum im Weißen Haus. Auch US-Verteidigungsminister Lloyd Austin und US-Außenminister Antony Blinken, die an den Beratungen am Samstag teilnehmen, sind darauf zu sehen.

Guterres "zutiefst beunruhigt"

UN-Generalsekretär Guterres sieht nach dem Angriff des Irans auf Israel das Risiko einer katastrophalen Zuspitzung der Lage im Nahen Osten. "Ich bin zutiefst beunruhigt über die sehr reale Gefahr einer verheerenden Eskalation in der gesamten Region. Ich fordere alle Parteien auf, größtmögliche Zurückhaltung zu üben, um Maßnahmen zu vermeiden, die zu größeren militärischen Konfrontationen an mehreren Fronten im Nahen Osten führen könnten", teilte Guterres am Samstag (Ortszeit) in New York. Er verurteilte den Angriff des Irans "aufs Schärfste" und forderte eine sofortige Einstellung der Feindseligkeiten.

Russland zeigte sich "extrem" besorgt und rief alle Parteien zur Mäßigung auf. Das Außenministerium in Moskau warnte, ohne Lösung des israelisch-palästinensischen Konflikts werde es keine Entspannung geben: "Wir haben wiederholt gewarnt, dass die zahlreichen ungelösten Krisen im Nahen Osten, vor allem in der palästinensisch-israelischen Konfliktzone (...) zu einer Zunahme der Spannung führen werden."

Saudi-Arabien brachte seine tiefe Sorge über die militärischen Eskalationen in der Region und die schwerwiegenden Folgen zum Ausdruck. In einer vom Außenministerium veröffentlichten Erklärung rief das Königreich alle Parteien dazu auf, äußerste Zurückhaltung zu üben und die Region und ihre Bevölkerung vor der Gefahr eines Krieges zu bewahren.

Auch Ägypten zeigte sich mit Blick auf den Angriff gegen sein Nachbarland Israel "extrem besorgt" und rief zu äußerster Zurückhaltung auf. Der vom Iran angekündigte Angriff sei Zeichen einer "gefährlichen Eskalation" zwischen den beiden Ländern, teilte das ägyptische Außenministerium am Samstagabend mit.

EU: "Regionale Eskalation verhindern"

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell verurteilte den iranischen Angriff auf Israel scharf und sprach von einer "beispiellosen Eskalation". "Die EU verurteilt den inakzeptablen iranischen Angriff auf Israel auf das Schärfste", schrieb Borrell in der Nacht auf Sonntag im Onlinedienst X. "Dies ist eine beispiellose Eskalation und eine schwerwiegende Bedrohung für die regionale Sicherheit", fügte er hinzu. Ähnlich äußerte sich EU-Ratspräsident Charles Michel. "Es muss alles getan werden, um eine weitere regionale Eskalation zu verhindern", schrieb er auf X. "Noch mehr Blutvergießen muss vermieden werden." Die EU werde die Situation weiterhin aufmerksam mit ihren Verbündeten verfolgen.

Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz verurteilte die schweren iranischen Luftangriffe auf israelisches Staatsgebiet "mit aller Schärfe". Scholz, der sich zur Zeit auf einem dreitägigen China-Besuch befindet, wollte sich mit den G7-Staaten über eine Reaktion absprechen. Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock verurteilte den iranischen Angriff über den Kurznachrichtendienst X ebenfalls "aufs Allerschärfste". "Iran & seine Proxies müssen diesen sofort einstellen. Israel gilt in diesen Stunden unsere ganze Solidarität", schrieb sie weiter.

China zeigte sich nach dem iranischen Angriff auf Israel "zutiefst besorgt" über die jüngste Eskalation im Nahen Osten. Peking rufe alle betroffenen Seiten auf, Ruhe zu bewahren, um eine weitere Zunahme der Spannungen zu vermeiden, teilte das chinesische Außenministerium am Sonntag weiter mit. Auch Japan verurteilte den iranischen Angriff. Dadurch werde die gegenwärtige Lage in Nahost weiter verschlechtert.

Frankreich arbeitet an Deeskalation

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron warnte, der beispiellose iranische Angriff drohe die Region zu destabilisieren: "Frankreich arbeitet mit seinen Partnern an einer Deeskalation und ruft zur Zurückhaltung auf", so der Staatschef Sonntag früh auf X. Macron sprach seine Solidarität mit dem israelischen Volk aus und hob die Bedeutung der Sicherheit Israels für Frankreich hervor. Nach Angaben des israelischen Armeesprechers, Daniel Hagari, gehört Frankreich zu der Koalition, die zur Abwehr des Angriffs beigetragen hat.

Auch der britische Premierminister Rishi Sunak verurteilte den iranischen Angriff auf Israel "auf das Schärfste". "Diese Angriffe bergen die Gefahr, die Spannungen zu verschärfen und die Region zu destabilisieren", sagte Sunak einer Mitteilung vom Samstagabend zufolge. Großbritannien werde sich weiterhin für die Sicherheit Israels und aller regionalen Partner, einschließlich Jordanien und Irak, einsetzen.

"Wir sind sehr besorgt über eine weitere Destabilisierung in der Region und werden weiterhin daran arbeiten, diese zu verhindern", schrieb Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni Sonntag früh auf X. Italien führt derzeit den Vorsitz in der Gruppe sieben großer demokratischer Industrienationen (G7). Zuvor hatte das Land eine Videoschaltung der G7-Staats- und Regierungschefs für den frühen Nachmittag einberufen.

Der belgische Premierminister Alexander De Croo verurteilte den großangelegten Angriff des Irans auf Israel ebenfalls. Er fordere alle Parteien zur Zurückhaltung auf. Der niederländische Premierminister Mark Rutte sprach in der Nacht auf Sonntag von einer sehr besorgniserregenden Lage im Nahen Osten.

"Bedrohung des Weltfriedens"

Auch Irland kritisierte die iranischen Angriffe auf Israel und rief alle Seiten zur Besonnenheit auf. "Ich verurteile Irans rücksichtslosen und großangelegten Angriff auf Israel auf das Schärfste", schrieb der neue irische Regierungschef Simon Harris am Samstag bei X. "Ich fordere alle Seiten auf, jetzt Zurückhaltung zu zeigen und eine Eskalation militärischer Handlungen und die damit verbundene Verwüstung zu vermeiden."

Außenminister Micheál Martin sprach von einer Bedrohung des Weltfriedens. "Dies trägt nicht dazu bei, der Sache des palästinensischen Volkes zu helfen oder einem Ende des Leids in Gaza näherzukommen", sagte Martin einer Mitteilung zufolge.

Harris war vorige Woche zum neuen irischen Ministerpräsidenten gewählt worden. Die irische Regierung hatte Israels Vorgehen im Gazastreifen nach der Terrorattacke der islamistischen Hamas am 7. Oktober 2023 scharf kritisiert. Außenminister Martin sprach sich jüngst für eine Zweistaatenlösung aus und kündigte an, Palästina demnächst formell als Staat anerkennen. Medienberichten zufolge planen Irland und einige andere EU-Staaten wie Spanien diesen Schritt, sobald eine Friedensinitiative in die Wege geleitet ist. (APA, 14.4.2024)