Obwohl man mittlerweile auch drei Smartphones auf den Markt gebracht hat – zuletzt das Phone 2a –, hat Nothing Tech seine Wurzeln im Geschäft mit Audiozubehör. Genauer gesagt: drahtlosen Ohrhörern. "Ear" hieß das Debütprodukt, und es ist nun in dritter Generation erschienen.

Dabei belässt man es aber nicht, sondern probiert sich an Produktdiversifizierung. Gleichzeitig mit den Nothing Ear 3 bringt man eine Art Lightvariante an den Start – genannt Nothing Ear(a). Sie kosten 150 bzw. 100 Euro und sind ab sofort vorbestellbar. In Deutschland beginnt der reguläre Verkauf am 22. April, in Österreich am 2. Mai. DER STANDARD hat beide Varianten getestet.

Nothing Ear (links) und Nothing Ear(a).
DER STANDARD/Pichler

Nothing Ear 3

Offiziell nennt der Hersteller sein neues Earbuds-Flaggschiff nur noch "Nothing Ear" und spart sich die Nummerierung. Dass man es hier eher mit einem inkrementellen Update zu tun hat denn einem revolutionären Schritt, zeigt sich auch schon äußerlich. Sowohl das quadratische Ladecase als auch die Hörer selbst sind vom Vorgänger kaum zu unterscheiden. Eine etwas anders gestaltete Beschriftung verrät die Ladebox, eine geänderte Mikrofonplatzierung und ein zusätzliches Kunststoffgitter in den Ausgabekanälen weisen bei den Earbuds selbst auf die neue Generation hin.

Es gibt geringe Größenunterschiede, die aber ebenso wenig auffallen wie das von 4,5 auf 4,62 Gramm gestiegene Gewicht der einzelnen Hörer. Letzteres ist auch dem gewachsenen Akku geschuldet, der nun 46 statt 33 mAh an Kapazität aufweist. Die Buds sind nach IP54-Standard geschützt vor Spritzwasser und Staub. Die Ladehülle hingegen ist in puncto Gewicht, Größe sowie Akkukapazität (55,5 x 55,5 x 22 mm, 51,9 g, 500 mAh) mit jener der Vorgänger ident und hält dank IP55-Zertifizierung auch Strahlwasser stand. Sie kann per USB-C und auch per Wireless Charging (maximal 2,5 W) geladen werden.

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Der Treiber der Hörer ist von 11,6 auf 11 Millimeter geschrumpft, das Diaphragma besteht nun aus Keramik statt Graphen und Polyurethan. Der neueste unterstützte Bluetooth-Standard ist weiterhin 5.3, inklusive dualer Verbindung, bei den Codecs für höhere Audioqualität gesellt sich zu LHDC nun aber auch LDAC hinzu. Weiter vorhanden ist auch ein "Low Lag"-Modus, der insbesondere beim Spielen für eine latenzarme Wiedergabe mit weniger als 120 ms Verzögerung sorgen soll. In diesem Modus leidet zwar die Wiedergabequalität leicht, dafür ist die Verzögerung zwischen Bild und Ton subjektiv nicht mehr zu bemerken. Auf den eigenen Handys des Herstellers, in denen Nothing X ab Werk integriert ist, kann dieser Modus automatisch aktiviert werden, wenn ein Spiel erkannt wird. Auf anderen Smartphones muss er manuell eingeschaltet werden. Nothing gibt auch an, eine neue Generation automatischer Geräuschunterdrückung (ANC) einzusetzen, die statt bis zu 40 Dezibel sogar bis zu 45 Dezibel Reduktion des Umgebungslärms schaffen soll – zumindest auf dem Papier eine massive Steigerung.

Die Nothing Ear liegen, zumindest für den Autor dieser Zeilen, genauso komfortabel und gut sitzend in den Ohren wie ihre Vorgänger. Bereits beim ersten Einsetzen wird im direkten Vergleich klar, dass die Geräuschreduktion in der Tat hörbar besser funktioniert. Wer sich ein wenig vom Lärm der Stadt ausklinken möchte, kann das mit diesen Hörern sehr gut tun. Die Intensität der Unterdrückung lässt sich in drei Stufen regeln. In der Einstellung "adaptiv" erfolgt die Regelung automatisch je nach Umgebungslärm, was meistens sehr zufriedenstellend funktioniert. Der Transparenzmodus wiederum schleust Umgebungsgeräusche gut genug durch, um als Fußgänger sicher durch den Straßenverkehr zu kommen und Gespräche zu führen, ohne die Earbuds entfernen zu müssen. Zuverlässige Trageerkennung stoppt aber die laufende Wiedergabe fast immer, wenn man einen der Hörer aus dem Ohr nimmt.

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Das voreingestellte Klangbild der neuen Nothing Ear fällt recht neutral aus, wenn auch mit Tendenz zu etwas stärkerer Bassbetonung. Die Nutzung von LDAC oder LDHC – sofern vom Handy unterstützt – bringt mehr Klarheit in den Klag. Es gibt dazu in der Konfigurations-App "Nothing X" mehrere voreingestellte Equalizer sowie die Möglichkeit, eigene Profile mit acht angepassten und selbst definierbaren Frequenzbereichen zu erstellen. Mittels recht langwierigem "Mimi"-Hörtest kann das Klangprofil außerdem auch noch an die eigenen Ohren angepasst werden, da dieser misst, welche Frequenzen wie gut wahrgenommen werden und inwieweit sie automatisch verstärkt werden müssen. Im vorliegenden Fall war der Unterschied bei Aktivierung dieser "Hörhilfe" allerdings kaum wahrnehmbar, individuelle Erfahrungen könnten sich aber stark unterscheiden.

Das Klangbild unterscheidet sich auch insgesamt nur selten hörbar von der vorherigen Generation. Subjektiv erscheinen manche Höhen etwas klarer und Bässe fallweise eine Spur sanfter. Alleine aufgrund des Hörerlebnisses erscheint ein Upgrade von den Ear 2 allerdings nicht anzuraten zu sein. Auch bei der für Bluetooth-Ohrhörer hervorragenden Sprachqualität ist der Unterschied kaum hörbar, obwohl nun für "Clear Voice" drei Mikrofone pro Hörer zum Einsatz kommen.

Erweiterter Equalizer der Nothing Ear.
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Die Steuerung über die Tasten entlang der "Stengel" entspricht dem Vorgänger, ist schnell erlernbar und intuitiv gehalten. Die Start/Stopp-Geste mit einem Druck, die auch für das Annehmen und Auflegen bei Telefonaten genutzt wird, ist fix vorgegeben. Alle anderen lassen sich über Nothing X für die beiden Hörer individuell belegen.

War bei den Ear 2 unter Verwendung von ANC und LHDC in der Praxis bei knapp unter drei Stunden Laufzeit Schluss, macht sich hier die vergrößerte Kapazität positiv bemerkbar. Im Testlauf gelang mit diesen Einstellungen nun ein Dauerbetrieb von über vier Stunden, ehe die Hörer wieder ins Etui mussten. Das ist zwar eine Stunde weniger als die 5,2 Stunden, die Nothing selbst listet, allerdings ist bei dieser Angabe kein spezifischer Codec gelistet. Versprochen werden bis zu 24 Stunden Gesamtspielzeit unter Verwendung der Ladebox, wenn man ANC nutzt. Ohne Geräuschunterdrückung sollen es rund 41 Stunden sein. Das Etui zehn Minuten lang per USB-C aufzuladen soll bei deaktiviertem ANC bis zu zehn Stunden Betrieb ermöglichen.

Nothing Ear(a)

Die günstigeren Ear(a) gleichen auf dem Spezifikationszettel der dritten Generation der Ear in weiten Teilen. Auch hier gibt es einen 11-mm-Treiber, bei dessen Diaphragma man allerdings auf Polymethacrylimid und den Kunstgummi TPU setzt. Bei der Codecauswahl ist auch LDAC verfügbar, LDHC jedoch nicht. Die Hörer selbst fallen etwas größer und mit 4,8 Gramm auch etwas schwerer aus, sind aber auch staub- und spritzwasserfest nach IP54.

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Die Ladehülle, sie misst 47,6 x 63,3 x 22,7 Millimeter (39,6 Gramm), dichtet aber nur gegen Tropfwasser ab, sollte also bei Schlechtwetter gut verstaut werden. Mit 46-mAh-Akkus in den Hörern sowie 500 mAh im Ladeetui ist die Ausstattung ident mit den Ear 3. Allerdings ist die Ladehülle hier nicht per Wireless Charging, sondern ausschließlich per USB-C aufladbar. Die Laufzeiten entsprechen ebenfalls den Ear 3, einzig bei der Gesamtlaufzeit sollen bei ANC-Verwendung 30 Minuten und ohne rund 2,5 Stunden mehr möglich sein. Im Rahmen des Tests wurden die Ear(a)-Hörer zwar nie ganz "leer" gehört, soweit sich aber beobachten ließ, dürfte die Laufzeit einer Ladung der Hörer ebenfalls bei circa vier Stunden liegen.

Der Tragekomfort ist auch hier gut und trotz etwas unterschiedlicher Form nicht merklich anders als bei den teureren Hörern. Das Klangbild erscheint jedoch eine spur "dumpfer". Will heißen: Bei höheren und tieferen Frequenzen hört man stellenweise eine leichte Undeutlichkeit heraus. Für die Preisklasse ist die gebotene Akustik dennoch ziemlich gut. Bei der Sprachqualität halten die Ear(a) mit den Ear 3 mit.

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Die aktive Geräuschunterdrückung ist laut Nothing technisch auf dem gleichen Level wie beim teureren Modell und soll bis zu 45 dB an Lärmreduktion bieten. In der Praxis scheint es allerdings etwas schlechter zu funktionieren, auch wenn man immer noch eine sehr "ruhige" Umgebung herstellen kann. Das könnte allerdings in der Software verhaftet sein.

Die meisten Unterschiede findet man nämlich via Nothing X, wo Nothing einen Teil der "fortgeschrittenen" Features gestrichen hat. Das betrifft neben dem Hörtest auch den detaillierten Equalizer. Neben vorgegebenen Profilen kann man zwar auch hier eine eigene Anpassung wählen, allerdings stehen für die Regelung nur drei grobe Frequenzbereiche (Bass, Mitteltöne, Höhen) in einem einzelnen Profil zur Verfügung. Die Geräuschunterdrückung ist nicht stufenlos regelbar, sondern nur einschaltbar oder abschaltbar. Unklar ist allerdings, mit welcher Intensität sie im eingeschalteten Zustand arbeitet, tendenziell aber nicht am Maximum. Nach wie vor dabei ist der Transparenzmodus, und auch die Steuerungsgesten sind weiter konfigurierbar.

Custom Equalizer der Nothing Ear(a).
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Fazit

Mit den Ear 3 liefert Nothing einen soliden Nachfolger seiner Ohrhörer. Auf klanglicher Ebene hat sich nicht viel getan, hier wird weiterhin ordentliche Qualität für den Preisbereich geboten, was auch für die Sprachqualität gilt. Die relevanten Fortschritte sind vor allem die größere Akkukapazität der Hörer, die deutlich mehr Laufzeit bringt, sowie die verbesserte Geräuschunterdrückung. Wer drahtlose Earbuds mit vielen Features und Einstellungsmöglichkeiten sucht, findet hier ein gutes Angebot.

Die Ear(a) kosten allerdings merklich weniger, ohne dabei viel an akustischer Qualität einzubüßen. Allerdings muss man auf Wireless Charging für die Ladehülle und eine Reihe an Einstellungsmöglichkeiten – insbesondere den erweiterten Equalizer – verzichten. Wer ohnehin keinen Bedarf an solch detaillierter Konfiguration hat, kann die "Lightversion" durchaus in die engere Wahl nehmen. (Georg Pichler, 20.4.2024)