Vor ein paar Jahren waren Streamingportale noch als eine Art Sargnagel für die Film- und Musikpiraterie im Netz angesehen worden. Und in der Tat, das Aufkommen von Netflix, Spotify und Co schien der Attraktivität von Pirate Bay und Co zu schaden. Das Prinzip, für einen überschaubaren monatlichen Obulus auf eine umfassende Bibliothek an Filmen, Serien oder Musik zugreifen zu können, schien zahlreiche Nutzer dazu zu bewegen, wieder zahlende Kunden zu werden.

Seitdem ist aber einiges passiert. Nicht nur ist die Zahl der Streaminganbieter gestiegen, sondern auch die Fragmentierung der Inhalte. Wer alle seine Lieblingsserie schauen möchte, muss nun oft bei zwei oder mehr Plattformen ein Abo abschließen. Dazu kommt, dass die Betreiber in den letzten Jahren ihre Preise oft mehrfach erhöht haben, mitunter Werbung ausspielen und die Bedingungen für das Teilen von Accounts verschärft haben. Zwischen dieser Entwicklung und einem seit 2021 beobachtbaren Wiederanstieg bei Filmpiraterie wird ein kausaler Zusammenhang vermutet.

Das als Streaming-Fatigue bekannte Phänomen ist auch den Piraten nicht verborgen geblieben, denn auch sie setzen heute häufig auf Streaming, das in der Regel mit Werbebannern und Vorschaltvideos auf ihren Plattformen und in manchen Fällen auch mit Zugangsgebühren monetarisiert wird. Wie stark dieser rechtlich eher zweifelhafte Zugang zu den Inhalten mittlerweile wieder gefragt ist, illustriert nun der Fall des auf verschiedene Webseiten verteilten Piratenportals Fmovies, berichtet "Torrentfreak".

Fmovies ist der US-Filmbranche ein großer Dorn im Auge.
DER STANDARD/Pichler

Piraten vor Disney+ und Crunchyroll

In den neuesten Daten für die trafficstärksten Streaming-&-Online-TV-Seiten in den USA, die der Analysedienst Similarweb erhoben hat, ist es nämlich auf Platz neun emporgestiegen. Damit liegt Fmoviews unter anderem vor zwei legalen Streaminganbietern, nämlich Crunchyroll und Disney+. Das ist durchaus beeindruckend, selbst wenn man einschränkend ergänzen muss, dass es sich hier um reine Browseraufrufe handelt und der durch die Disney+-App erzeugte Traffic nicht berücksichtigt ist.

Ganz überraschend ist es daher nicht, dass die Filmindustrie nun wieder auf den Plan tritt und politische Maßnahmen fordert. Zum ersten Mal seit zwölf Jahren verlangt der Branchenverband Motion Picture Association (MPA) wieder die Einführung eines gesetzlichen Regelwerks, mit dem Internetprovider gezwungen werden können, den Zugriff auf bestimmte Seiten zu sperren. Damals hatte eine Gruppe von Abgeordneten im Repräsentantenhaus den Stop Online Piracy Act (SOPA) präsentiert, dessen weitreichende Maßnahmen aber generell Sorgen um die Freiheit des Internets weckten. Infolge breiter Ablehnung, auch von großen Tech-Konzernen, Browserherstellern bis hin zu gemeinnützigen Organisationen wie der Wikimedia Foundation und auch Kritik seitens der Obama-Regierung wurde SOPA jedoch vor der geplanten Abstimmung zurückgezogen.

Digital Copyright Piracy: Protecting American Consumers, Workers, and Creators
House Judiciary GOP

Neuer Gesetzesvorstoß

Der jetzige Vorstoß ist weniger breit angelegt und soll als Ziel ausschließlich die Blockade von klar illegalen Angeboten, die an den geschützten Werken anderer verdienen, zum Ziel haben. Die MPA stellte Fmovies schon Ende 2023 bei einem Hearing in einem Unterkomitee des Repräsentantenhauses vor und pochte darauf, dass solche Sperren in rund 60 Ländern gang und gäbe sind, darunter auch zahlreiche Demokratien. Auch Fmovies sei vielerorts geblockt, und mittlerweile komme ein Drittel der 160 Millionen monatlichen Aufrufe des Portals aus den USA. Similarweb weist der Seite sogar 190 Millionen Visits und einen US-Anteil von 40 Prozent aus. Die MPA sieht Sperren als erwiesenermaßen effektive Maßnahme für den Traffic-Entzug bei derlei Portalen an.

Der Weg vom Branchenvorstoß zum fertigen Gesetz ist freilich etwas weiter. Es dürfte allerdings keine Zweifel mehr darüber geben, ob ein neuer Gesetzesentwurf zur Bekämpfung von Film- und Musikpiraterie vorgelegt wird, sondern offen ist nur, wann. Ob Seitensperren nachhaltigen Erfolg haben werden, während Konsumenten sich weiter mit teurer werdenden Streaming-Abos und Content-Fragmentierung konfrontiert sehen, bleibt freilich abzuwarten. (gpi, 17.4.2024)