Vor kurzem wurde Justin Bieber auf der Straße fotografiert. Das an sich wäre keine Meldung wert, wenn der 30-jährige US-Popstar auf dem Paparazzi-Bild nicht zwei Jogginghosen übereinander getragen hätte. Zwei! Hosen! Übereinander! Bei den grauen Teilen handelte es sich nämlich um Baumwollteile des Luxusmodehauses Balenciaga. Mausgrau, aber schweineteuer, für etwa 1000 Dollar das Stück. Dem nicht genug. An den Füßen trug Bieber Hausschuhe mit Louis-Vuitton-Logo für etwa 2500 Dollar.

Nun könnte man sagen: Ein Popstar mit einem geschätzten Vermögen von 300 Millionen Dollar könnte sich locker leisten, zehn mausgraue Trainingshosen übereinander zu tragen. Was soll also die Aufregung? Doch der Schnappschuss soll an dieser Stelle als Symbolbild herhalten. Für einen Trend, der in den sozialen Netzwerken als "Doom Spending" bezeichnet wird.

Was damit gemeint ist? Früher hätte man wahrscheinlich gesagt: Das Geld wird zum Fenster rausgehauen. Shoppen gegen den Weltschmerz ist zumindest in den USA ein Ding. Eine Umfrage des US-amerikanischen Finanztechnologie-Start-ups Credit Karma hat vor einigen Monaten ergeben, dass 27 Prozent von mehr als 1000 Befragten "Doom Spending" betreiben. Das tun vor allem die Jüngeren. 43 Prozent der Millennials, der zwischen 1981 und 1996 Geborenen, und 35 Prozent der Generation Z (Jahrgang 1996 bis 2010) geben eigenen Angaben zufolge zu viel Geld aus. Statt auf langfristige Ziele hin zu sparen, haut man alles auf den Kopf.

Wer das Geld für Luxuskleidung ausgibt, kann die auch gleich herzeigen – auf Instagram oder Tiktok.
IMAGO/ABACAPRESS

Angesichts von Kriegen, Krisen, Klimawandel klingt das einerseits absurd. Oder um es in den Worten des Nachhaltigkeitsstrategen und Modejournalisten Alec Leach zu sagen: "The world is on fire but we're still buying shoes."

Dopamin für unsichere Zeiten

Andererseits: Wer angesichts gestiegener Lebenshaltungskosten nicht mehr wagt, vom Haus mit Pool und Garten im Wiener Speckgürtel oder der Hochzeitsfeier in einem steirischen Winzerhotel zu träumen, macht sich das Leben eben auf die Schnelle schöner. Mit Luxus-Sneakern von Louis Vuitton, einer Handtasche von Chanel, ausgedehnten Reisen, dem iPhone 16 oder, ja, Jogginghosen mit Balenciaga-Logo.

Wer sich nicht vorstellen kann, eine Familie zu gründen oder in Rente zu gehen (das soll laut einer Studie von McKinsey aus dem Jahr 2022 rund ein Viertel der befragten Vertreter der Generation Z sein), gebe das Geld für Dinge aus, die einem das Gefühl von Erwachsensein bescherten, erklärte vor einigen Monaten die Tiktokerin Maria Melchor. Zustimmung in den Kommentaren unter dem Beitrag: "Lasst uns genießen, was wir haben, solange wir können."

Dazu passt, dass ausgerechnet die Generation, die in Zeiten von Klimawandel, Krieg und Wirtschaftskrise erwachsen wird, nach allen Regeln der Kunst von den Luxusmarken umworben wird. Vielleicht erklärt das auch die Zerrissenheit der Jungen zwischen ihrem Faible für Luxusmode und Nachhaltigkeit.

Doch dem Kaufrausch dürfte der Kater folgen. Es wird bereits davor gewarnt, dass die Dopamin-Ausschüttung in Kombination mit den immer beliebteren "Buy now, pay later"-Online-Zahlungsmodellen zur Schuldenfalle werden kann. (feld, 23.4.2024)