Der designierte Burgtheaterdirektor Stefan Bachmann am Dienstag, 23. April 2024, anl. der Spielplan-Präsentation der Burgtheater-Saison 2024/25.
Der designierte Burgtheaterdirektor Stefan Bachmann am Dienstag, 23. April 2024, anlässlich der Präsentation der Saison 2024/25.
APA/HELMUT FOHRINGER

Nicht ein Fünkchen Schweizer Timbre war beim gebürtigen Zürcher und designierten Intendanten Stefan Bachmann zu vernehmen, als er am Dienstag an der Seite seines Chefdramaturgen Thomas Jonigk Pläne und Absichten für die erste Burgtheater-Spielzeit ab September vorstellte.

Bachmann, Noch-Leiter in Köln, ist ein versierter öffentlicher Redner, der voller Höflichkeit entspannte Stimmung verbreitete. Sogar die Tatsache, dass er die Kurzbezeichnung "Burg", über die sein noch amtierender Vorgänger Martin Kušej gar ein Verdikt verhängte, nun sogar zum Labelnamen erhoben hat, vermochte er nonchalant zu vermitteln. "Es heißt jetzt wieder Burg", so Bachmann. "Burg triggert mich einfach". Jeder wüsste, was gemeint sei. Ein kompaktes Wort, ideal für die Werbegrafik, die nun erfreulicherweise wieder ohne irisierende Schriftzüge auskommt.

Wider die Humorlosigkeit

Die mit dem Wort Burg verbundene Starrheit und Humorlosigkeit werde man zu überwinden trachten: Es gebe für 2024/25 zwar kein Motto, das Schlagwort sei Vielfalt. Das Burgtheater soll durch verschiedene Programmstränge inklusiver und offener werden, etwa durch ein Projekt in Kooperation mit der Muk (Musik und Kunst Privatuniversität Wien), das Menschen mit Behinderung erstmals die Möglichkeit bietet, an dieser staatlichen Einrichtung wahrgenommen zu werden.

Zur weiteren Öffnung trägt auch die theaterpädagogische Abteilung "Community und Bildung" bei, geleitet von Anna Manzano und Saliha Shagasi. Sie richtet sich an spielfreudige Theaterfans aller Altersstufen und Herkünfte und hat bereits drei Produktionen in Vorbereitung. Eröffnet wird die Spielzeit am 5. September mit Hamlet in der Regie von Karin Henkel am Burgtheater (mit Jens Harzer und Kate Strong). Von den weiteren 13 Neuinszenierungen am Großen Haus kommen nur zwei von Regisseurinnen, eine klägliche Quote. Barbara Frey inszeniert Tartuffe, Fritzi Wartenberg die Uraufführung von Mareike Fallwickls Stück über die Kaiserin Elisabeth.

Die hohe Männerquote hängt auch mit den Arbeiten zusammen, die Bachmann aus Köln mitnimmt, darunter drei eigene Inszenierungen: Johann Holtrop, der Managerroman von Rainald Goetz, Akins Traum von Akin Emanuel Şipal – und mit dem Eingebildeten Kranken folgt etwas unpassend ein zweiter Molière, die Titelrolle gibt Regina Fritsch. Mitbringsel aus Köln sind weiters König Lear und Stefko Hanushevsky erzählt: Der große Diktator, beide in der Regie von Rafael Sanchez, sowie die Romantrilogie Das große Heft / Der Beweis / Die dritte Lüge von Ágota Kristóf.

Rückkehrerinnen

Während die Spielstätte im Kasino wegen Sanierung ein Jahr lang pausieren muss und übrigens auch das Akademietheater in Erwartung einer neuen, lockereren Bestuhlung steht (ohne Spielplanausfall), wird es am Burgtheater richtig wummern. Schon am 12. September folgt dort die dritte Premiere – mit Thomas Bernhards Holzfällen, entwickelt von Musicbanda Franui und Nicholas Ofczarek. Auf die Schachnovelle (Regie: Nils Strunk) folgt mit Toto ein großes musiktheatralisches Unterfangen auf Basis eines Texts von Sibylle Berg und inszeniert von Ersan Mondtag; mit dabei sind Maria Happel und Bruno Cathomas, der neu ins Ensemble wechselt.

Neben weiteren Premieren – u. a. Liliom mit Rückkehrerin eins Stefanie Reinsperger oder Egal / Ellen Babic mit Rückkehrerin zwei Caroline Peters – pries Bachmann Ayad Akhtars neues Stück Der Fall McNeal an, das nur wenige Tage nach der Uraufführung am Broadway deutschsprachige Erstaufführung am Burgtheater feiern wird (1. 3. 2025) – nicht mit Tom Hanks, sondern noch besser: mit Joachim Meyerhoff als Gast.

Der Spielplan weist viele Klassiker auf, etwa Der Revisor in der Regie von Mateja Koležnik oder Herr Puntilla und sein Knecht Matti, ebenso viele Romanadaptionen, etwa Orlando von Virginia Woolf, das in der Regie von Therese Willstedt am 8. 9. die Saison im Akademietheater eröffnet. Oder den Welterfolg Jonathan Safran Foers Alles ist erleuchtet.

Atombomben-Stück

In der deutschsprachigen Erstaufführung von Manhattan Project von Stefano Massini (Regie: Bachmann), das sich auf ganz andere Weise als der gehypte Film Oppenheimer mit dem Kreis der Atombombenforscher befasst, stellen sich weitere Neue im Ensemble vor: Thiemo Strutzenberger, Michael Waechter und Max Simonischek. Neu am Haus sind weiters: Franziska Hackl, Paul Basonga, Alexander Angeletta, Justus Maier, Seán McDonagh, Rebecca Lindauer, Lola Klamroth, Stefko Hanushevsky, Ines Marie Westernströer und Jörg Ratjen.

Bachmann inszeniert dann noch Wajdi Mouawads Die Wurzel aus Sein. Und der Roman Die Vegetarierin von Han Kang beschließt das Akademietheaterprogramm. Die bautechnisch blockierte Kasino-Bühne soll übrigens sowohl in digitaler wie auch in mobiler Form Raum greifen. Weiters sollen die Gesprächs- und Diskursreihen erweitert werden um Philosophie mit Liz Hirn und eine von Cathrin Kahlweit verantwortete Osteuropa-Schiene. Eine Reihe aus Konzertabenden wird von Samir Köck kuratiert.

Den Schlussstein der ersten Saison, zu der auch Wiederaufnahmen der Ära Kušej gehören, bildet Elfriede Jelineks einst skandalisiertes Stück Burgtheater am 18. 5. 2025, in Koproduktion mit den Wiener Festwochen und in der Regie von Milo Rau. (Margarete Affenzeller, 23.4.2024)