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Das EU-Parlament hat am Dienstagdie Reform der EU-Schuldenregeln abgesegnet.
AFP/FREDERICK FLORIN

Straßburg – Das EU-Parlament hat am Dienstag in Straßburg die Reform der EU-Schuldenregeln abgesegnet. Deren Kern sind nationale Pläne zum Schuldenabbau sowie klare Schuldenreduktionsziele. Die österreichischen EU-Abgeordneten äußerten im Vorfeld einige Kritik an den Regeln und stimmten mehrheitlich nicht dafür: Nur ÖVP und Neos gaben ihr Ja, die SPÖ enthielt sich, und die FPÖ und die Grünen stimmten dagegen.

Die EU-Regelungen zum Schuldenabbau waren in den vergangenen Jahren aufgrund der Auswirkungen der Corona-Pandemie und des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine vorübergehend gelockert worden. Die Reform war unter den EU-Staaten umstritten: Während Österreich, Deutschland und nordische Länder auf mehr Strenge pochten, forderten südliche Staaten mehr Flexibilität und Möglichkeiten für Ausnahmen.

Grüne Delegationsleiterin: "Desaster für Klimaschutz und Sozialausgaben"

"Das neue gemeinsame Regelwerk verbindet mehr Flexibilität für strategische Investitionen und maßgeschneiderte Reformen mit konkreten Sicherheitsvorkehrungen, welche vor allem hochverschuldeten Mitgliedstaaten dabei helfen, Schulden abzubauen und solide zu haushalten. Die Vorgaben sind klarer, weniger komplex, besser auf die unterschiedlichen Anforderungen der Mitgliedstaaten zugeschnitten und zugleich verpflichtender", begrüßte Parlaments-Vizepräsident Otmar Karas (ÖVP) die Zustimmung.

"Wir brauchen Flexibilität, aber wir brauchen Regeln, an denen sich alle orientieren können", begründete Parlamentsvizepräsidentin Evelyn Regner (SPÖ) im Vorfeld ihre Enthaltung. Sie sehe zwei Probleme: Es gebe "sehr viel Handlungsspielraum für die EU-Kommission, das Parlament sollte mehr Mitsprache haben". Weiters wurde zu wenig auf das "Volumen geachtet: Welche Spielräume bestehen wirklich?", so Regner in Straßburg vor Journalisten. FPÖ-Delegationsleiter Harald Vilimsky erklärte, man brauche keine neuen Schuldenregeln, "wenn man die alten einhalten würde". Die Regeln, die es gebe, würden nicht eingehalten.

Die Delegationsleiterin der österreichischen Grünen im Europaparlament, Monika Vana, bezeichnete die Zustimmung als "ein Desaster für Klimaschutz und Sozialausgaben, das haben wir Greens/EFA schon im Jänner kritisiert – auch wenn die neuen EU-Fiskalregeln jetzt eine stärkere Berücksichtigung von sozialen Investitionen ermöglichen als die vorherigen. Die von der Kommission zugegebene Investitionslücke von 454 Milliarden Euro für Green Deal, Digitalisierung und Sozialkosten wird mit der Rückkehr zum alten Dogma des jährlichen Schuldenabbaus nicht zu schließen sein."

Laut den neuen EU-Regeln für die Obergrenzen von Budgetdefiziten und Staatsschulden sollen die EU-Staaten künftig nationale Pläne mit Maßnahmen zur Schuldenreduktion vorlegen – ausgelegt auf vier, in Ausnahmefällen auf sieben Jahre. Das soll den Mitgliedstaaten mehr Spielraum und Zeit bei der Konsolidierung ihrer Budgets lassen.

Verpflichtende Schuldenreduktionsziele

Die Maastricht-Obergrenzen von maximal drei Prozent Budgetdefizit und 60 Prozent Gesamtverschuldung bleiben unverändert. In den neuen Regeln sind aber erstmals klare und verpflichtende Schuldenreduktionsziele vorgesehen, wie sie von Österreich und Deutschland gefordert wurden. Länder mit über 60 Prozent Verschuldung müssen ihre Schulden um mindestens 0,5 Prozent jährlich reduzieren, Länder über 90 Prozent um mindestens 1,0 Prozent. Gegner sehr strenger Regeln setzten allerdings durch, dass die für die Aufsicht zuständige EU-Kommission in einem Übergangszeitraum Zinskosten berücksichtigen kann.

Österreich hatte sich auch für Kontrollkonten eingesetzt, die kurzfristige Flexibilität mit mittel- und langfristiger Nachhaltigkeit kombinieren sollen. Künftig sind kurzfristige Abweichungen vom Ausgabenpfad sowohl im positiven als auch im negativen möglich. Sie müssen jedoch in einer mehrjährigen Betrachtung ausgeglichen werden.

Die Verhandler von EU-Parlament und Rat (der Mitgliedstaaten) hatten sich im Februar bereits geeinigt; diese Einigung muss nach dem Parlament nun noch vom Rat formell gebilligt werden. Anschließend wird die Regelung im EU-Amtsblatt veröffentlicht. (APA, 23.4.2024)