Jägergrün (Hunter Green) heißt der Mattlack, er kleidet die MG4-Performanceausführung namens Xpower recht schick.
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Vor der Wien-Repräsentanz von MG weht zwar demonstrativ die britische Fahne, aber MG ist längst chinesisch, da gibt es außer dem Namen nicht Britisches mehr. Chinesischen Autos tritt man je etwas reserviert gegenüber, billig seien sie, vielleicht auch nicht ganz so gut verarbeitet. Aber es gibt keinen Grund zur Ablehnung, wir fahren ja auch amerikanische Autos, also warum nicht auch chinesische.

Und MG räumt gleich mit mehreren Vorurteilen auf: Schleißige Verarbeitung ist nicht, die Nähte sitzen dort, wo sie sollen, und sie halten. Es knarrt und knarzt nichts, zumindest nicht in jenen Testkilometern, die wir abgespult haben.

Billig? Na ja, der MG ist für das, was er kann und darstellt, eher auf der günstigen Seite, wenn man ihm mit der Konkurrenz vergleicht. Aber ganz billig ist er nicht. Fad? Gar nicht. Der MG4 Xpower sieht erstens interessant aus, man kann ihn sogar schön und schnittig finden, diese Urteile liegen aber im Auge des Betrachters. Und er lässt sich ambitioniert fahren.

Innen alles sauber und aufgeräumt, das Bedienkonzept ist massiv touchlastig.
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Dieser MG hat jedenfalls seine eigene und nahezu mutige Formensprache gefunden. Das fällt vor allem bei der Heckansicht auf: Die Dachlinie ist scharf geschnitten, im Abbruch beherbergt sie einen großen Spoiler mit angedeutetem Diffusor. Die Kofferraumkante ist hochgezogen wie eine Hose, die etwas zu hoch über dem Bauch sitzt.

Keine Langeweile

Innen: sehr aufgeräumt und klar, aber nicht langweilig. Hinter dem Lenkrad hält ein kleiner Monitor alle Infos bereit, die für den Fahrer und die Fahrerin relevant sein könnten. In der Mitte stellt ein 10,25-Zoll-Monitor die Infotainment-Inhalte dar. Alles funktioniert per Softtouch, manchmal muss man allerdings schon etwas nachdrücklicher drücken, damit das System den Anweisungen des Fingers folgt.

Eine gewisse Seelenlosigkeit kann man den meisten Elektroautos nicht absprechen, das ist keinesfalls ein Privileg der chinesischen. Da fehlt uns Menschen, die mit Verbrennern groß geworden sind, ein bisschen Leben und Lärm. Bei uns dürfte es mehr ruckeln, als nur so zu surren.

363 bis 1177 Liter: Der Kofferraum könnte für ein Auto in VW-Golf-Größe fassungsfreudiger sein.
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Und wie fährt er sich? Chinesisch? Nein, er fährt sich sehr lustig, das liegt auch am Leistungsangebot. Vorn und hinten sitzt je ein E-Motor – mit 204 PS und 231 PS –, die summieren sich zu einer Systemleistung von 435 PS. Da ist also jede Menge Schmalz vorhanden.

Es ist ja so, dass man diese Leistung nicht unbedingt abrufen muss, aber auffällig ist es schon, dass so viele Elektroautos schlichtweg übermotorisiert scheinen. Ein paar Akku-Kilos weniger täten der Agilität des Wagens gut, wobei der MG4 im Vergleich der üppigen Elektroautos ohnedies ein Leichtgewicht ist. Mit 1800 Kilo bleibt er unter der Marke von zwei Tonnen (und mehr), die viele Stromer auf die Waage bringen – und wo es schon beginnt, ein bisschen ungesund zu werden.

Der MG4 ist allerdings in seinen Ausmaßen recht kompakt, ist exakt Golf-Format. Wie fühlt sich das auf der Straße an? Das Werk gibt die Beschleunigung von null auf 100 km/h mit kurzen 3,8 Sekunden an, also ein Wert, mit dem sich auch ein Sportwagen schmückt. Tatsächlich ist der Vorwärtstrieb recht abrupt.

Wenn man sich tatsächlich einmal ein bisschen ins Zeug legen will, um zu schauen, was 435 PS mit dem Wagen machen können, ist man bald bei seinen Grenzen. In der bloßen Vorwärtsbewegung ist der MG tadellos in der Spur zu halten, da wirkt die Beschleunigung linear. In kurvigen Teilen, egal, ob sie enger geschnitten sind oder man ein bisschen ausholen kann, fällt dann doch auf, dass das Fahrwerk mit der Leistung nicht ganz mitkommt.

Der allradgetriebene MG4 Xpower verfügt über 435 elektrische PS und soll auch Spaß machen, Spoilerwerk und Diffusor dienen dem Zweck.
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Die Reichweite wird mit 385 Kilometern angegeben, in der Praxis sind es naturgemäß ein bisschen weniger. 300 Kilometer werden hinkommen. Das empfiehlt den MG dann doch eher als Stadtauto und ein bisschen rundherum. Für das entspannte Reisen auf langen Strecken ist die Reichweite doch zu dünn.

Fazit: Das Auto macht Spaß, aber man stößt bald an Grenzen. Alltagstauglich ist der MG4 Xpower allemal, wenn man nicht die lange Distanz braucht. Von den Kosten her gut vertretbar. Zwischen Vernunft und Spaß ist das Auto gut ausgewogen, beherrscht allerdings weder das eine noch das andere mit Bravour. (Michael Völker, 24.4.2024)