Sitzungssaal.
Das EU-Parlament.
EPA/RONALD WITTEK

Straßburg – Das EU-Parlament hat am Mittwoch in Straßburg Lockerungen bei den Umweltstandards in der Landwirtschaft durchgewunken. Die neuen Bestimmungen gingen im Eilverfahren ohne Folgenabschätzung durch: Erst Mitte März hatte die EU-Kommission die Senkung der Standards vorgeschlagen, Ende März gaben dann die EU-Staaten im Rat ihren Segen. Betroffen sind vorrangig Vorgaben zu Brachflächen und Fruchtfolgen, die Bäuerinnen und Bauern einhalten müssen, um EU-Agrarsubventionen zu erhalten.

Reaktion auf Bauernproteste

Die Senkung der Umweltstandards ist eine Reaktion auf die EU-weiten Bauernproteste. Bei Umweltorganisationen stößt die Maßnahme auf Kritik. Im Europaparlament stimmten 425 Abgeordnete dafür, bei 130 Nein-Stimmen und 33 Enthaltungen. Von den anwesenden EU-Abgeordneten aus Österreich stimmten jene der ÖVP und der FPÖ für den Kommissions-Vorschlag, jene der SPÖ, Grünen und Neos dagegen.

Landwirte sollen künftig nicht mehr gezwungen sein, einen Teil ihrer Nutzfläche brachliegen zu lassen, um das EU-Geld zu erhalten. Tun sie es trotzdem, sollen sie künftig zusätzliche finanzielle Unterstützung über ein Öko-Programm erhalten, das die Mitgliedstaaten anbieten müssten.

Die Regelungen zur Fruchtfolge sollen grundsätzlich bestehen bleiben. Die EU-Mitgliedstaaten bekommen aber die Möglichkeit, ihren Landwirten eine Wahl zu lassen. Demnach könnten diese entweder die Fruchtfolge ändern oder ihre Kulturen diversifizieren. Fruchtfolgen - also der Wechsel verschiedener Pflanzen auf dem Acker - sollen im Gegensatz zu Monokulturen Böden schonen oder weniger Pestizide nötig machen.

Kleine Bauernbetriebe – bis zu zehn Hektar – sollen zudem grundsätzlich von Kontrollen und Strafen ausgenommen werden, wenn sie die Umweltstandards nicht einhalten.

ÖVP-Agrarsprecher: "Längst überfällige Kurskorrektur"

"Das ist eine längst überfällige Kurskorrektur in der europäischen Agrarpolitik und ein erster Schritt in die richtige Richtung. Diese Abstimmung zeigt, dass sich Hartnäckigkeit im Einsatz für die Interessen unserer bäuerlichen Familienbetriebe bezahlt macht. Wir werden uns weiterhin konsequent für unsere Bäuerinnen und Bauern stark machen, damit sie uns auch in Zukunft mit qualitativ hochwertigen und heimischen Lebensmitteln versorgen können, ohne unnötige bürokratische Auflagen erfüllen zu müssen", kommentierte ÖVP-Agrarsprecher Alexander Bernhuber.

"Die Volkspartei legt die Turboabrissbirne an den Umweltschutz an, schafft große Teile des Klima-, Boden- und Artenschutzes in den EU-Agrarförderungen ab", kritisiert dagegen der grüne EU-Abgeordnete Thomas Waitz in einer Aussendung. "Diese Pseudomaßnahmen helfen nur der Agrarindustrie, aber nicht den Bauern und Bäuerinnen. Sie kümmert sich weder um ein gerechteres Einkommen der kleineren und mittleren Betrieben noch um deren bessere Verhandlungsposition gegenüber den übermächtigen Lebensmittel- und Agrarkonzernen."

"Dürreperioden haben die Ernten in ganz Südeuropa ruiniert, einige der feuchtesten Monate seit Beginn der Aufzeichnungen tun das Gleiche im Norden. Die meisten Landwirte fordern zu Recht ein faires Einkommen und Schutz vor einem rücksichtslosen Markt. Die letzten Schutzmaßnahmen für die Natur in Europas ländlichen Gebieten in die Dreschmaschine zu werfen, wird die Landwirte nicht retten und uns alle anfälliger für extreme Wetterbedingungen machen, die Ernten und Lebensgrundlagen zerstören", bemängelt auch Marco Contiero, Direktor für EU-Agrarpolitik bei Greenpeace EU, in einer Aussendung. (APA, 25.4.2024)