Vor einigen Jahren hat der Trend zu Coldbrew-Kaffee auch Zentraleuropa erfasst und hält bis heute an. Nicht nur Ketten wie Starbucks, auch viele kleinere Kaffeehäuser bieten heute kaltgebrühten Kaffee an. Fans schwören auf die hitzefreie Extraktionsmethode, bei welcher der gemahlene Kaffee entweder in Wasser versenkt wird oder kaltes Wasser langsam drauf tröpfelt und durchläuft. Dabei werden weniger Bitterstoffe extrahiert und andere Noten dafür hervorgehoben, was insgesamt zu einem Geschmackserlebnis führt, das sich nicht nur aufgrund seiner Temperatur deutlich vom klassischen Heißgetränk unterscheidet.

Das Kaltbrühen hat freilich einen gewichtigen Nachteil: Es nimmt im besten Fall einige Stunden in Anspruch, wobei der Kaffee häufig auch gleich einen ganzen Tag lang "versenkt" wird. Für Coffeeshops und andere Einrichtungen stellt sich dabei zusätzlich die Frage nach dem Platzbedarf im Kühlschrank. Der Forscher Francisco Trujillo und seine Kollegen an der australischen University of New South Wales haben nun - durch Zufall - eine Lösung für beide Herausforderungen gefunden: Ultraschall.

Ultrasonic Cold Brew Coffee in Under 3 Minutes
UNSW

Zufallsfund

"Akustische Kavitation" nennt sich das Verfahren, das in ähnlicher Form schon beim Abbau von Rohstoffen eingesetzt wird. Hierbei wird das im Wasser befindliche Kaffeepulver intensiv mit Ultraschallwellen "beschossen". Die so entstehenden Vibrationen bewegt das Kaffeemehl nicht nur, sondern zersetzt die einzelnen Krümel noch weiter. Eigentlich wollte man mit diesem Verfahren testen, ob sich auf diesem Wege mehr Antioxidantien extrahieren lassen. Das war zwar nicht der Fall, dafür stellte man aber fest, dass man trotz Verwendung von kaltem Wasser schon in kurzer Zeit einen wohlschmeckenden Kaffee produzieren konnte.

Man adaptierte das Verfahren für eine handelsübliche Espressomaschine und experimentierte mit verschiedenen Herstellungszeiten. Für Trujillos "Lieblingsrezept" für einen kalten Espresso wird das - nicht kompaktierte - Kaffeepulver 60 Sekunden lang den Ultraschallwellen ausgesetzt und alle zwölf Sekunden lang kaltes Wasser mit Druck durchgepumpt.

Das Ergebnis istein Espresso-Shot, der sich farblich von normalem Coldbrew unterscheide und merklich heller ist. Das erklärt man auch damit, dass durch die Beschallung das Öl im Kaffee mit dem Wasser eine Emulsion bildet. Dadurch ergebe sich zudem eine vollmundigere Textur, gleichzeitig beschreibt Trujillo den Geschmack als "gut und weniger bitter als ein normaler Espresso".

Die Adaptierung einer Espressomaschine mittels Ultraschallkupplung.
University of New South Wales

Vielversprechender Test

Für weitere Experimente lud man Vertreter der Queensland Alliance for Agriculture and Food Innovation der University of Queensland ein. Dabei wurden verschiedene Konfigurationen getestet und der resultierende Kaffee auf Intensität, Textur, Geschmack und Nachgeschmack überprüft. Der Ein-Minuten-Espresso erhielt dabei ähnliche Noten wie ein typischer 24-Stunden-Coldbrew-Kaffee, schnitt aber hinsichtlich der geschmacklichen Intensität schlechter ab. Das legt nahe, dass dieser Zeitraum womöglich zu kurz für eine ausreichende Extraktion ist. Eine Drei-Minuten-Variante hingegen erhielt die gleichen Intensitäts-Noten wie der "normale" Coldbrew-Kaffee, wurde im Geschmack aber als bitterer bewertet.

Trujillo will nun weitere Versuche unternehmen. Die ideale Extraktionszeit irgendwo dazwischen liegen, sagt er. Zudem müsse man wohl noch verschiedene Parameter anpassen, um den perfekten, kalten Ultraschall-Espresso herzustellen. Die Technologie kann in Zukunft von Herstellern genutzt werden, um ihre Kaffeemaschinen für die Herstellung von schnellem Coldbrew-Kaffee aufzurüsten. Ein Paper zum Projekt wurde im Journal "Ultrasonics Sonochemistry" veröffentlicht. (gpi, 9.5.2024)